Freitag, 11. Dezember 2009

Hannover 96 in der chilenischen Werbewelt

Jubelnde 96-Spieler sind gute Werbeträger. Das versteht sich in Hannover von selbst, aber dass sie auch in Chile funktionierten, hat im Juni 2006 etwas überrascht. Die Kaufhauskette fallabella hatte damals passend zur Weltmeisterschaft ein breites Angebot an Fernsehern, DVD-Playern, Kameras und anderen technischen Geräten. Die Bildschirme waren aufgrund des Fifa-Turniers in Deutschland mit Fußballern versehen. Neben einigen Kickern vom AS Rom und AC Mailand glänzten vor allem die 96-Stars in dem Katalog "Semana Elektrica - Audio/Video". Auf fast jeder Seite feierten Jiri Stajner, Michael Tarnat und Co. ihre Tore. Noch ist unklar, ob fallabella bei der nächsten WM wieder auf die Roten zurückgreifen will. Verkaufsfördernd war die Aktion zweifellos.






Mittwoch, 9. Dezember 2009

Ein Meister, der keiner ist

Colo-Colo hat es wieder einmal geschafft. Zum 29. Mal ist der Verein aus Santiago chilenischer Meister. Im 2. Endspiel gewann das Team am Mittwochabend gegen Universidad Católica (UC) mit 4:2. Verdient hat es der Hauptstadtklub nicht, denn das Jahr lief für den „Cacique“ (Häuptling) eigentlich enttäuschend.

Colo-Colo hat die Ligaphase nur als Vierter abgeschlossen und belegt in der Gesamtwertung 2009 sogar nur den 9. Platz. Die Play Offs machen es jedoch möglich, dass in Chile Mannschaften den Titel holen, die während der Saison kein einiziges Mal Spitzenreiter waren. Die chilenische Meisterschaft wird halbjährig ausgespielt. Alle 18 Mannschaften treten zunächst gegeneinander an und die ersten Acht ermitteln darauf in einer K.O-Runde mit Hin- und Rückspielen den Sieger, der in der Regel Colo-Colo heißt.

Finalgegner Universidad Católica war zwar in der Clausura das überragende Team, doch stand am Ende wie so oft mit leeren Händen da. Nur eine Niederlage kassierte UC zuvor und hatte zehn Punkte mehr als der Ex-Verein vom Dortmunder Lucas Barrios. Colo-Colo ging 5-mal als Verlierer vom Platz, gewann allerdings das entscheidende Spiel gegen den ewigen Zweiten im ausverkauften Estadio Santa Laura in Santiago.

Kurioserweise kusierte im September bei Colo-Colo sogar die Abstiegsangst. Der Rekordmeister war nach einer Niederlagenserie dem Tabellenkeller gefährlich nahe gekommen. Der Traditionsverein vermied den Absturz in die 2. Liga letztlich problemlos und selbst Trainer Hugo Tocalli überstand die Krise. Mit einem Sieg im Superclásico gegen Universidad de Chile wurde die Wende eingeleitet. Seitdem ging es permant bergauf und endete ganz oben. Herzlichen Glückwunsch

Sonntag, 6. Dezember 2009

96 gegen Leverkusen


Normalität also. Normalität ist ein großer Wunsch bei Hannover 96 gewesen, denn die plötzliche weltweite Bekanntheit schmeckte bitter. Die Roten waren nach dem Freitod von Robert Enke auch in den chilenischen Medien präsent. Während zuvor kaum jemand etwas mit „noventa y seis“ anfangen konnte, wissen seitdem nicht nur Fußballfans was hinter dieser Zahl steckt. Über die Spiele gegen Schalke 04 und Bayern München wurde darauf mit der Neugier, wie die Mannschaft den Verlust verarbeitet hatte, berichtet. Im Freundeskreis sammelten sich die Anfragen gemeinsam die 96-Auftritte zu gucken. Gegen Leverkusen war das schon anders.

Hannover war längst vergessen und die Bayer-Elf steht ohnehin im Fokus der chilenischen Fußballjournalisten, weil mit Arturo Vidal ein Landsmann beim Tabellenführer Stammspieler ist. Ein eigener Bundesligastar wertet das Gekicke im Andenstaat auf und schafft Fans fernab Leverkusens. Der Spitzenreiter ist beliebt in Südamerika und so überraschte die Zusammenfassung im Sportblock der Nachrichten des 0:0 zischen 96 und Bayer nicht.

Im Fernsehen gab es die Partie leider nicht und so musste ich mich mit einem asiatischen Stream zufriedengeben. Ich habe zwar kein Wort verstanden, doch ich konnte meine Roten nahezu ruckelfrei verfolgen. Zuletzt bin ich stets unterwegs gewesen, wenn 96 spielte, weshalb ich die nur die Resultate mitbekam. Dieses Mal unterstützte meinen Lieblingsklub zeitgleich vor dem PC, nur dass es keine Tore zu bejubeln gab. Immerhin kann ich behaupten, Hannover in gewisser Weise Glück zu bringen. Sehe ich in dieser Saison Livebilder, verliert die Equipe nicht.

Auch gegen Leverkusen nicht und die Normalität ist tatsächlich zurück. Die letzten Ergebnisse sagen das aus. Nach zwei Niederlagen in Folge, rappelten sich die Roten wieder zur gewohnten Mittelmäßigkeit auf. Eine sportliche Krise gibt es auf dem Platz also nicht. Ein Remis gegen Leverkusen ist in Ordnung, wenngleich nicht gut genug, um sich deutlich von der Abstiegszone abzusetzen. Immerhin bemüht sich die Konkurrenz im Keller weitaus weniger, so dass der Blick auf die Tabelle wenig Sorgen bereitet.

Mittwoch, 11. November 2009

Die Nummer 1 ist Robert Enke


Die Nachricht von Robert Enkes Tod erreichte mich am Telefon. Ich konnte es nicht glauben und war sofort schockiert. Beim Lesen der Meldungen kommen oft Tränen. Durch das Forum vom http://www.das-fanmagazin.de/ bin ich Hannover plötzlich wieder ganz nah, eigentlich zu nah. Es wirkt irreal, aber fast jeder Fan hat tatsächlich etwas zu sagen. Es fällt mir schwer mit dem Lesen der Kommentare und Medienberichte aufzuhören, obwohl sie immer wieder alles aufwühlen und sich ähneln. Meine eigene Trauer jedoch verwirrt mich, mir fehlen die Worte.

Warum bin ich eigentlich traurig? Richtig gekannt habe ich Enke nicht. Ich habe ihn vor Jahren für das 96-Fanzine Notbremse interviewt. Das war fast alles an persönlichem Kontakt mit ihm, sonst habe ich ihm aus der Kurve oder vor dem Bildschirm zugejubelt. Er war keiner aus meinem wirklichen Leben, kein Freund, kein Verwandter und nicht einmal ein flüchtiger Bekannter. Er war der Torwart meines Lieblingsvereins Hannover 96 und das bedeutet mir wohl mehr als ich ahnte. Selbst 15.000 Kilometer von Hannover entfernt im chilenischen Concepción.

Enke war ein Idol, er hatte dem Fußballzirkus ein menschliches Gesicht gegeben. Leider waren es oft seine Schicksalsschläge, die die allgemeine Aufmerksamkeit weckten. Wie er auftrat, gefiel den Menschen. Es machte aus einem unnahbarem Profi einen Vertrauten und so ist die kollektive Trauer wiederum keine Überraschung, hat er mit den Fans doch etwas gemeinsam: Enke ist 96, so wie wir es sind.

Mittwoch, 14. Oktober 2009

La Roja ist bei der WM in Südafrika 2010 dabei


Chile va al mundial – Chile fährt zur WM. Seit vergangenem Samstag kennen die Fans kein anderes Lied mehr. Das Nationalteam des Landes hat sich mit dem 4:2-Sieg gegen Kolumbien vorzeitig für die Weltmeisterschaft 2010 qualifiziert und somit die Chilenen in einen kollektiven Freudenrausch versetzt. Großen Anteil an dem Erfolg hat der argentinische Trainer Marcelo Bielsa, der aus elf talentierten Einzelspielern eine Mannschaft geformt hat.

Zum letzten Mal hatte Chile an der Fußball WM 1998 in Frankreich teilgenommen. Seitdem blamierte sich La Roja, wie die Riege genannt wird, in der Qualifikation eher als das sie überzeugte, bis der große Bielsa kam. Er übernahm die Mannschaft zu einem Zeitpunkt, in dem sie als Ansammlung von Trunkenbolden jedoch nicht als Fußballteam bekannt war. Bei der Südamerikameisterschaft in Venezuela 2007 sorgten die Chilenen fast ausschließlich für Negativschlagzeilen. Die Nationalelf war am Tiefpunkt und Bielsa galt von Beginn an als der große Retter.

Er schaffte zunächst professionelles Arbeitsfeld für die Auswahl und brachte seinen Kickern einen erfrischenden Offensivfußball bei. Chile stürmte von Sieg zu Sieg. Als auswärtsstark präsentierte sich die Mannschaft und begeisterte mit ihrem Hurrastil nicht nur das heimische Publikum. Selbst in den argentinischen Fernsehkanälen wird inzwischen in den höchsten Tönen von La Roja gesprochen. Weil die Qualifikationrunde in Südamerika zu einer WM als inoffizielle Kontinentalmeisterschaft gilt, werden die 18 Spieltage wie eine Liga verfolgt. Zu Platz Eins in der Qualifikation hat es diesmal nicht gereicht, denn Brasilien wies dem Überraschungsteam die Grenzen auf.

Marcelo Bielsas Arbeit besteht nun darin, neben seiner starken Stammformation eine schlagkräftige zweite Reihe zu formen. Die Stars wie Torhüter Claudio Bravo, Leverkusens Arturo Vidal, der Wunderknabe Alexis Sanchez, Torjäger Humberto Suazo und auch das Enfant Terrible Jorge Valdivia überzeugen auf dem Platz. Andere schwanken in ihren Leistungen wie Matías Fernandez. Eventuelle Ausfälle der ersten Elf können das Team hart treffen, denn die Ersatzbank ist bei weitem nicht so stark. Auf einen ausgeglichenen Kader kommt es joch bei einem langen Turnier an. Gelingt es Bielsa diesen zu finden, ist Chile ein Kandidat fürs Viertelfinale. Eine Standortbestimmunng wird das Testspiel gegen Deutschland am 14. November in Köln sein.

Die Qualifikation ist geschafft. Der Verband sollte zusehen, dass die allgemeine Fußballeuphorie auf die marode Liga übertragen wird. In der Primera A kicken die Vereine vor weitgehend leeren Stadien. Die Bedingungen sind mit den zerpflückten Spieltagen alles andere als optimal. Das Play Off System, das in der Regel Klubs Meister werden lässt, die die Tabelle nicht als Erster abschließen, schafft Langeweile. Hier sind dringend Reformen nötig, um den momentanen Erfolg der Auswahl kontinuierlich fortzusetzen. Die WM 98 und die darauffolgende Qualifikationrunde zur WM 2002 sollten warnende Beispiele sein. Nach einem hervorragendem Turnier in Frankreich belegte Chile auf dem Weg nach Japan und Südkorea nur den letzten Platz.

Sonntag, 23. August 2009

Drei Spieltage Bundesliga: Hertha, Mainz und Nürnberg


Fans neigen dazu ihren heißgeliebten Verein zu überschätzen. Bei Hannover 96 ist das Gegenteil der Fall. Da wiederholend das graue Maus Bild vermittelt wird, glauben viele Anhänger selbst an dieses Image. Beispielsweise wundere ich mich stets, wenn ich in Chile jemanden treffe, der mit den Roten etwas anfangen kann. Beim vorabendlichen Aufwärmen für den Kick in Nürnberg erkannte ein Kneipenbesucher meinen 96-Schal: „Klar, das ist eine große Mannschaft. Dale Noventa y seis!“ Juan schilderte mir sofort sein gesamtes Bundesligawissen und sagte einen Sieg für Hannover voraus. „Optimismus muss man immer haben.“

Dem stimmte ich zu und bemerkte, dass Juan davon offensichtlich eine ganze Menge hatte. Er war Anhänger von Fernandez Vial, Concepcions Leiden schaffender leidenschaftlicher Fußballverein. Die Schwarzgelben haben ein treuen Anhang und dümpeln in Abstiegsrunde der dritten chilenischen Liga herum. „Das sind nur Details in der großen Historie von Vial“, meinte Juan. So erklärte er mir, dass Gott zuerst Fernandez Vial erschaffen und sich anschließend mit dem Rest der Weltentstehung beschäftigt hätte. Seine Helden brauchten schließlich einen Fußballplatz und Gegner. Wie wahr! In einer so langen Geschichte ist Vials aktuelle Krise ein fast übersehenswertes Detail.

Im Gegensatz zu grandiosen Fußballklubs lebt der Mensch nicht so lange und da zählt persönlich jede Saison. Drei Spieltage ist die aktuelle Spielzeit jung oder im Falle von Hannover 96 bereits alt. Die Roten haben schon ihren Trainer gewechselt und hatten vorübergehend Abstiegsangst. Die Ergebnisse zeigen jedoch das ganz gewöhnliche Bild. Erst eine Niederlage gegen Hertha BSC, darauf ein Remis gegen Mainz 05. So war der Sieg gegen den 1. FC Nürnberg eine logische Folge, um wieder völlig ausgeglichen in der Bundesliga dabei zu sein. Platz 11 lautet das Ziel, damit die Könige des Mittelmaßes ihre Doppeleins erneut verteidigen.

Das sollte kein Problem sein, Dieter Heckings Rücktritt war dafür überflüssig. Es gehört lediglich zur Vereinstradition, regelmäßig ein anderes Gesicht auf der Bank zu präsentieren. Andreas Bergmann ist also der Name der aktuelle 96-Periode. Ganz gleich, ob erfolgreich oder nicht, er wird irgendwann wieder Ex-Trainer sein.

Bergmanns Einstand war aber gelungen. 96 gewann 2:0 in Nürnberg und somit führt seine Serie fort. Die hannoversche Equipe ist seit zwei Spielen ungeschlagen. Das klingt bislang nicht beeindruckend, aber selbst die imponierendsten Leistungen fangen klein an. Warten wir einfach mal ein paar Spieltage ab und beurteilen dann, wofür das 1:1 gegen Mainz der Anfang war. Es gibt Titelkandidaten, die schlechter dastehen. Das ist auch so ein Detail.

Montag, 3. August 2009

Enttäuschungen mit 96: Pokalaus in Trier


„Das Dortmund-Spiel werde ich vielleicht sehen können, garantiert jedoch Hannovers Auftritt in der zweiten DFB-Pokal-Runde.“ Mein Terminkalender für meine anstehende kurze Reise in die Heimat ist eng, doch Stadionbesuche dürfen nach drei Jahren nicht fehlen. Ein Weiterkommen von 96 im Pokalwettbewerb war daher obligatorisch.

Ich war von Anfang an nervös wie lange nicht mehr, weil ich irgendwie kein Vertrauen in meine Roten hatte. Ein Viertligateam muss zu schlagen sein, aber es hatten sich bis zu diesem Zeitpunkt nur ein Bundesligist blamiert. Die Rollen der Erstrundentrottel waren also noch unterbesetzt und ich ahnte, dass 96 dafür talentiert genug war. Trotz einer schnellen 1:0-Führung für meine Lieblingself blieb ein Unbehagen, denn alle Tickermeldungen schrieben über einen glanzlosen Auftritt der Hecking-Riege. Nachdem das 1:1 gefallen war, fing ich an meine Reiseplanung wieder umzustrukturieren. Das konnte nicht gutgehen und das 2:1 für Trier fiel wie selbstverständlich. Um jede Hoffnung auf ein Gerade-nochmal-gut-gegangen zu nehmen, erhöhte die Heimmannschaft kurz vor Schluss auf 3:1. Die Roten sind raus aus dem Pokal und somit ich. Meinen es die Spielplanmacher nicht gut mit mir, werde ich diese Saison erneut 96-los auskommen müssen. So nah, so fern.

Dienstag, 28. Juli 2009

Unterschiede der Liebe


“Du Schuft!” Eindeutig, Maria war sauer. Eine Kaffeetasse flog durch den Flur. Sebastian mochte diesen Moment nicht, weil er diese Reaktion niemals verstehen wollte. „Verflucht, das ist also die berüchtigte heißblütige Latina", dachte er. Vor ihm stand eine Furie, die ihm allerlei unfeine Ausdrücke an den Kopf warf, dabei hatte er nur das getan, was ihm immer wieder passierte. Eine flüchtige Unterhaltung wurde intim und zu guter Letzt in seine Wohnung verlagert. Sebastian liebte Frauen, so auch jene, die nun geschockt halbnackt auf dem Bett neben ihm saß und deren Namen er nicht einmal genau wusste. Melina, Milena oder so etwas.

Er mochte sie nicht nur, weil sie auffällig hübsch war, sondern er hatte sich mit ihr sofort prächtig verstanden. Ein Zulächeln in der U-Bahn hatte den Anfang gemacht. Derartige Situationen ließ der Enddreißiger nie unausgesprochen und verwickelte seine Sitznachbarin ins Gespräch. Nach einem Kaffee landeten sie bei ihm. Für diese Gelegenheiten wohnte er strategisch gut im Zentrum von Santiago und sein aktuellster Eroberungszug verlief wie gewohnt bis Maria hineinplatzte.

Maria war von Anfang bekannt, welchen gesellschaftlichen und kulturellen Austausch ihr deutscher Freund pflegte, zumal er mit seinen blonden Haaren eine kleine Attraktion war. Sie erwartete nicht, die einzige in Sebastians Leben zu sein, aber bislang wurde sie mit seinen galanten Tête-à-Têtes nie direkt konfrontiert. Dieses Mal sah sie ihrer Konkurrenz ins Gesicht und platzte vor Zorn, weil sie sich eigentlich erhofft hatte so etwas wie Sebastians feste Freundin zu sein, immerhin trafen sie sich schon seit zwei Monaten regelmäßig. Das sollte für seine Verhältnisse eine Bindung sein, dennoch enttäuschte er sie wieder: „Wer ist die Schlampe?“ „Hey, bleib mal locker“, reagierte Sebastian genervt von Marias Auftritt, während seine Flirtbekanntschaft sich anzog und die Wohnung verlies. „Zuviel Stress hier! Vielleicht ein anderes Mal“, flüsterte sie ihm noch ins Ohr flüsterte und warf ihm beim Hinausgehen noch einen Kuss zu.

Sebastian wendete sich Maria zu: „Was sollte das jetzt?“ „Das wollte ich dich auch fragen“, konterte sie, allerdings war er sich keiner Schuld bewusst. Natürlich hat er sich in den vergangenen Wochen überwiegend mit ihr eingelassen, aber deswegen hatte sie keine Ansprüche zu vermelden. Maria sah das anders: „Warum rennst du vor einer Beziehung weg?“ Das tue er gar nicht, antwortete er. Er liebe halt alle Frauen und da sei Monogamie unmöglich. „Jetzt soll ich dir zu deinem Erfolg noch gratulieren, oder was?“ Marias Wut kochte wieder auf. „Nein, ich habe keinen Erfolg bei den Damen. Es ist andersrum. Sie haben Erfolg bei mir“, erklärte Sebastian. Er liebe wirklich alle Frauen und müsste auswählen, weil er sich nicht mit jeder treffen könne, selbst wenn es sein Wunsch sei. Maria blickte ihn beinahe verzeihend an: „Wenn ich dich so reden höre, will ich dir das fast glauben.“ Sie resignierte, denn sie resignierte. „Du liebst doch auch Fußball. Warum hast du da eigentlich mit Hannover 96 nur einen Lieblingsverein, obwohl du den ganzen Tag irgendwelche Spiele guckst?“ Sebastian verstand die Frage nicht: „Du willst nicht etwa meine Liebe zu einem Fußballverein mit der Liebe zu den Frauen vergleichen, oder?“

Dienstag, 16. Juni 2009

Die Sauregurkenzeit


Die Sommerpause der Bundesliga ist eine Sauregurkenzeit. Es gibt wenig zu berichten und viele Fußballblogs werden vernachlässigt. Gut, wenn dann auch wirklich Saure Gurken im Hause sind. Im Chile bietet zum Beispiel die Firma Traverso vorzügliche Exemplare. Die Qualität hat Tradition seit 1896, nur die Verpackungsfarben sind nicht ganz ideal.

Weitere Informationen zur Firma mit dem ungewöhnlichem 96-Wappen gibt es hier:

Donnerstag, 4. Juni 2009

Chile für 96 (#5)

Der Lack ist ab und braucht einen neuen Anstrich. Statt schwarz-gelb empfehle ich schwarz-weiß-grün für die neue Saison.

Sonntag, 24. Mai 2009

Arminia Bielefeld - Hannover 96


Elfter! Wieder sprang nur der 11. Platz heraus, dabei wollte Trainer Dieter Hecking Hannover 96 in einen internationalen Wettbewerb führen. Es wird bei einem Sommerturnier im Trainingslager bleiben. Trotz alledem haben es die 96-Fans richtig gut. Regelmäßig kann die Anhängerschaft den letzten Spieltag gelassen anschauen. Sicher gab es Ausnahmen in der 96-Historie wie das „Wunder von Wuppertal“ oder die Relegationsspiele um den Aufstieg zur 2. Bundesliga, aber meistens sind die Roten vor dem Saisonfinale gerettet.

Da bleibt Zeit um sich mit dem Glück und Pech der anderen zu beschäftigen. Östlich von Hannover wurde Wolfsburg neuer Meister, westlich der Stadt kämpfte Bielefeld um den Klassenerhalt. Die Arminia war ab und zu drin, doch mit dem Schlusspfiff draußen. Der Verein ist den Ligawechsel gewohnt, insofern werden die Abstiegstränen schnell trocknen. Die Namen der neuen Gegner klingen sowieso nach 1. Liga: Berlin, München, Hamburg etc.

Arminia Bielefeld gegen Hannover 96: ich erkläre die Partie immer zu einem Superclásico der grauen Mäuse. Dieser Superlativ des Fußballs sollte die Sportsender des amerikanischen Kontinents anlocken, schließlich ging es für die Gastgeber um etwas. Espn und golTV interessierten sich trotzdem nur für die Tabellenspitze. Beiläufig erwähnten die Kommentatoren die Ergebnisstände aus Bielefeld und amüsierten sich über die Aussprache von „Hannover“. Es muss für Lateinamerikaner ähnlich lustig sein wie für Europäer der südchilenische Ort Collipulli.

Während ich zwischen München und Wolfsburg hin-und herschaltete, berichtete nebenbei der Internetradio von der Alm. Anfangs schaute ich ebenfalls mehr zum Titelkampf, weil ich nicht glauben wollte, dass tatsächlich Wolfsburg Meister werden könnte. Nachdem Werder sich frühzeitig aufgegeben hatte, gewann 96 wieder die volle Aufmerksamkeit. Das 2:2 sichert Platz 11. Immerhin habe ich das vor der Saison schon getippt.

Freitag, 22. Mai 2009

Wolfsburg und ein bisschen KSC


„Wer ist denn eigentlich in der Bundesliga Tabellenführer?“, werde ich des öfteren gefragt, weil die Chilenen sich nicht vorstellen können, dass es nicht Bayern München ist. Zurzeit klingt die Antwort in der Tat gewöhnungsbedürftig: „Der VfL Wolfsburg. “ Wolfsburg also. Jener Verein aus dem unwirklichen Ort, der aus einer riesigen Autofabrik und ihrem Drumherum besteht, wird wahrscheinlich Meister werden.

Wolfsburg - das klingt auf den ersten Blick sogar charmant. Meine Mitmenschen schauen mich daher sehr enttäuscht an, wenn ich erkläre, dass diese Stadt keinerlei Mittelalterromantik vorzuweisen hat, sondern eher ein deutsches Calama, eine Planstadt in der chilenischen Atacama-Wüste, ist. Calama ist übrigens für seine drei Ps: Perros, Polvo y Putas (Hunde, Staub und Prostituierte)

Alles Lästern ist seit dem vergangenem Wochenende belanglos. 5:0 hat die Elf von Feliz Magath gegen 96 gewonnen. Schuld hat definitiv der Sportsender espn. Wenn 2009 eine Partie der Roten übertragen wurde, lief es nicht. So erschließt das Team keine Absatzmärkte in Südamerika. Die TV-gerechten Pleiten machten sich auch bei den Trikotpreisen bemerkbar. Das Diadora-Jersey aus der Saison 2007/08 gab es zuletzt fur 3500 Peso (4,60 Euro) im Handel. Der Auswärtssieg in Karlsruhe konnte diesen Preissturz nicht aufhalten. Wolfsburg wird hingegen ein paar mehr Fans bekommen. Die Mannschaft hat den Titel verdient, denn als einzige hat sie in dieser Saison 96 zweimal geschlagen. Das ist meisterlich.

Sonntag, 10. Mai 2009

Von Berlin bis Frankfurt ist alles in Ordnung



„Wirtschaftskrise, Klimawandel, Schweinegrippe. Das ist alles schlimm, aber weißt du, was wirklich nicht mehr so ist wie es war? Der Fußball.” Mario hatte sich eine seiner Theorien zurechtgelegt. Er wollte sie ausbreiten und hatte in Alejandro einen belastbaren Zuhörer gefunden. Wie jeden Sonntag trafen sie sich auch heute zum gemeinsamen Fußball gucken. Nachdem der Klassiker zwischen der Universidad de Chile und der Universidad Católica beendet war, zappten sie weiter zum Futbol Argentino.

„Dann erklär mir mal, was du meinst“, bat Alejandro. Mario schüttelte nur den Kopf. Man müsse nur auf Colo-Colo schauen, meinte er. Dass der chilenische Rekordmeister die Play Offs nicht erreiche, sei absolut unwirklich. Colo-Colo! Das große Colo-Colo fliege vorzeitig raus. Mario konnte es nicht verstehen und zeigte auf den Bildschirm: „Hinter den Anden ist ebenfalls alles durcheinander. Boca als 16. – wann hat es das schon gegeben?“ Das sei nicht genug. In Mexiko, wo die komische Krankheit herkomme, spielen sie vor leeren Stadien und Necaxa steigt ab. „Du willst jetzt nicht etwa behaupten, das sei normal, oder?“ Alejandro blieb trotzdem gelassen. In Argentinien hat es zuletzt viele Überraschungen gegeben, da fällt Bocas Misere nicht weiter auf. Er riet seinem Freund einfach auf die Bundesliga zu schauen. In Deutschland sei alles beständig und Bayern München werde Meister. „So ein Quatsch! Wolfsburg ist Spitzenreiter.“, konterte Mario, nachdem er in der Tageszeitung die Tabelle recherchiert hatte.

„Bayern kann den Titel wie gewohnt holen“, Alejandro lies sich von dem Untergangstheoretiker nicht beeindrucken, weil außerdem Hannover 96 auf dem elften Platz sei. „Und da steht dieser Verein nun wirklich immer“, betonte er. Mario nickte: „Das stimmt zwar nicht, aber gefühlt hast du Recht.“ Jedesmal wenn er die Zeitung aufschlage und die Ergebnisse aus Deutschland betrachte, findet er dieses Team auf jenem Rang, ganz egal, ob es zum wie zuletzt gegen Berlin, Köln und Bochum gewinne, gegen Hamburg verliere oder gegen Frankfurt unentschieden spiele. „Selbst wenn er nicht Elfter ist, setzt man den Verein in Gedanken dorthin“, erkannte Alejandro. Nach dem 1:1 gegen die Frankfurter waren die Roten wieder auf ihrem Platz. Mario war zufrieden. Die Welt war also nicht aus den Fugen geraten, gab es doch noch vertraute Konstanten. Eine davon war Hannover 96.

Hannover in der DDR



ADN ist ein chilenischer Radiosender, der neben Rock und Pop auch sehr viel über Fußball berichtet. Spanischschülern ist das Anhören des Magazins "deportes" am Sonntagnachmittag durchaus empfohlen, unglaublich schnell und ohne Zungenbruch werden die Spiele von Colo-Colo, La U, Católica etc. übertragen. Nach den Schlusspfiffen auf den Plätzen der Primera A und B blicken die Produzenten nach Europa und verlesen die Ergebnisse der dortigen Ligen, sofern Chilenen mitkicken.

Meistens sind die Berichte aus der Bundesliga fehlerfrei und selbst die Aussprache von "Borussia Mönchengladbach" gelingt ganz gut. Nur mit der Geographie hapert es ein wenig, so erklärte der Moderator in der Sendung vom 10. Mai, dass Hannover "el equipo que viene de la Oberliga, de la Ex-RDA" ein 1:1-Unentschieden gegen Frankfurt erreicht habe. Es war wohl der Blick auf eine alte Karte der Bundesrepublik, der zu diesem Fehler führte, weil Niedersachsens Landeshauptstadt zu Mauerzeiten im Osten des Westens lag. Immerhin war 96 neben Arturo Vidals Bayer Leverkusen das einzige Team, das extra gewürdigt wurde. http://www.adnradio.cl/programa.aspx?id=789026&nprm=ukjbmPLULWqC32VKxVZTQrr3Rh64nSOD%2bHWzUlqBEItX%2fiF1FVF7eYqOWyeISZSj

Mittwoch, 29. April 2009

Chile für 96 (#4)

Eine Saison mit 96 vergeht wie im Flug. Es geht aufwärts, aber nicht zu den Sternen. Es geht abwärts, doch es gibt keinen Absturz. Es treten Turbulenzen auf sowie Zeiten unendlicher Langeweile. Wenn 96 so funktioniert, wie es funktionieren soll, bleibt nichts anderes übrig als auf die weiche Landung zu warten. In diesem Fall wird es wohl der traditionelle elfte Platz werden.

Den Check In-Schalter Nummer 96 gibt es am Flughafen von Santiago de Chile zu bewundern.

Mittwoch, 8. April 2009

Abstiegsgespenst oder Favoritenschreck?


In der Welt der Plüschtiere und Kuschelmonster gibt es allerlei Merkwürdigkeiten. Einige Vertreter bevölkern neuerdings meine Wohnung, darunter das oben abgebildete Exemplar. Angesichts der aktuellen Tabellensituation frage ich mich, ob es etwa das gefürchtete Abstiegsgespenst sei? Seit das Ding zum ersten Mal aufgetaucht ist, läuft es nicht mehr so recht bei 96.

Allerdings gab es auch ein paar gute Spiele, weshalb ich eine andere Vermutung habe. Der grüne Zeitgenosse mit den Knopfaugen trägt stolz die 96 auf seinem Körper. Da demnächst bis auf die Bayern alle Titelkandidaten gegen die Roten antreten müssen, könnte es sich dem bei dem Wesen um den berüchtigten Favoritenschreck handeln. Hannover stünde es gut der Klinsmann-Elf zu helfen, indem es neun von neun Punkten aus den Partien gegen Hertha, Hamburg und Wolfsburg holt.

Der Favoritenschreck und zahlreiche andere Meisterwerke wurden von der Künstlerin Francisca Setz aus Santiago erstellt.

Sonntag, 5. April 2009

Werder Bremen und der Rest



Viele Fußballfans sind von der persönlichen Einflussnahme auf ein Spiel überzeugt. Bestimmte Rituale werden wiederholt. Das richtige Trikot, das passende Getränk: alles muss seine Ordnung haben. Aberglaube bringt zwar Unglück, gehört dennoch dazu. Selbst fernab vom Austragungsort muss ich eine gewisse Mitschuld am Spielverlauf der Roten feststellen. Wenn ich auf die letzten Spiele zurückschaue, sollte ich mir ein TV- und Internetverbot erstellen, um den möglichen Abstieg zu verhindern. Werder – 96 konnte ich mal wieder verfolgen, eine 4:1-Niederlage sprang dabei heraus. Davor lief es immer ordentlich, sofern ich nicht dabei war.

Ein Rückblick:

96 – Leverkusen

Spiele gegen Bayer Leverkusen sind für in Chile lebende 96-Fans wichtig. Sobald die Roten auf den Werksklub treffen, verlassen sie ihr Schattendasein und geraten in den Blickpunkt. Die Tore werden in der Zusammenfassung in den Hauptnachrichten gezeigt und die Ergebnisse in den Zeitungen erwähnt, was sonst nicht der Fall ist. Die Popularität von Bayer 04 wurde mit der Verpflichtung Arturo Vidals geweckt.

Der Sieg gegen Leverkusen war nötig, damit 96 nicht weiter in den Keller rutschte. Nun konnte ich von einem Punktgewinn ausgehen, denn es war mein Arbeitssamstag. Lediglich der Liveticker versorgte mich mit Informationen aus Hannover. Ich war froh, dass meine Sprachschüler Verständnis zeigten, als der Unterricht erst nach dem Abpfiff richtig beginnen konnte. Vorher spendete ich ohnehin nur wenig Aufmerksamkeit für Grammatik- und Vokabelfragen. Nachdem das 1:0 als Endergebnis feststand, hatte ich für alle Themen ein offenes Ohr.

Bayern München - 96

Auftritte gegen Bayern München gibt es immer bei espn zu sehen. Ich konnte es mir also vor dem Fernseher bequem machen. Den 1:0 Sieg im Hinspiel gab es auch im TV, insofern sollte es auch heute wieder klappen. Die Klinsmann-Elf liefert in dieser genügend Überraschungen ab, warum also nicht erneut gegen 96 verlieren?
Es ist ging gleich gut los und auch mein argentischer Besucher staunte nicht schlecht über Stajners Traumtor. Der Traum hielt nicht lange. Bayern dreht auf, die Roten leider nicht. Das 5:1-Endergebnis für den Rekordmeister war dann doch nicht unerwartet.

96 – BVB

Hannover empfing den BVB ohne mich. Anstatt das Spiel zu verfolgen, genoss ich ein Wochenende in Santiago, um Fußball im Stadion zu sehen. La U bezwang Audax mit 2:1, Católica siegte im Clásico gegen Colo-Colo 1:0. Und 96? Die Roten erkämpften und verschluderten ein 4:4.

Hoffenheim – 96

Wieder war es ein Arbeitssamstag und ich hatte vor dem Anpfiff keinerlei Zweifel, dass meine Roten gegen Hoffenheim punkten würden. Meine Kollegin hielt bei jedem eine Papptafel hoch, weil ich sie zum Verfolgen des Livetickers verordnet hatte. Sie spricht zwar kein Deutsch, aber 2:2 ist auch auf Spanisch verständlich.

Werder Bremen – 96

Wenn 96 auf Werder trifft, rechne ich mir schon seit Kindesbeinen wenig aus. Alle Glücksbringer nützen nichts, die Roten gehen traditionell nahe der Weser unter. Entsprechend pessimistisch verfolgte ich diese Partie vor dem Bildschirm, dabei hatte ich zuvor vieles, was hin und wieder wirkt, eingehalten.
Ich bin mit dem „Feldschlösschen“-Trikot zum Großmarkt gefahren, habe morgens meinen Kaffee aus der 96-Tasse getrunken und im Auto „96-alte Liebe“ gehört. Außerdem wurde mein Sohn extra schwarz-weiß-grün eingekleidet.
Rechtzeitig vor Anpfiff kehrte ich in meine Wohnung zurück und das Spiel begann vielsprechend für derzeit gebotenene Auswärtsverhältnisse. Selbst nach dem 1:0 durch Claudio Pizarro glaubte ich sogar an einen 96-Sieg, zumal Robert Enke einen Strafstoß hielt und Jacek Krzynowek mit einem Traumtor ausgleichte.
Dann befasste ich mich kurzzeitig anderen Dingen, Werders Diego nutzte die Unaufmerksamkeit und stolperte den Ball irgendwie ins Tor. Ernüchterung folgte, es war ein Déja vu. 96 spielte zeitweise in Bremen gut mit und brach am Ende trotzdem ein. Das 4:1 für den SVW war das logische Ergebnis. Ich stellte den Computer schnell ab und widmete mich meinem Sohn Diego. Dieser lachte mir in seinem grün-weißem Strampelanzug entgegen. Die schwarzen Socken hatte er längst ausgezogen.

Sonntag, 22. Februar 2009

Borussia Mönchengladbach - 96


„Señora Rodriguez, reichen Sie mir bitte doch die Zahlen aus Deutschland rein“, verlangte Angelo von seiner Sekretärin. „Sofort, Chef“, erwiderte sie und kam mit einem Ausdruck in das Büro. Der Direktor warf sofort einen Blick auf das Papier. Er las laut: „BMG 3 – H96 2, desweiteren 13. 96 21P sowie 18. BMG 16P.“ Angelos Kopf wurde rot wie ein 96-Trikot, weshalb er cholerisch brüllte : „Mit diesen Zahlen kann ich nicht arbeiten.“ Diese Ergebnisse seien schlimmer als das Verhauen der eigenen Mutter, schrie er laut. „Chef, warten Sie doch die nächste Woche ab“, versuchte ihn seine Sekretärin zu beruhigen und versprach Besserung. Ihr Vorgesetzter sagte kein Wort mehr, sondern ging zur Tagesordnung über: „Kaffee, aber stark!“

Sonntag, 15. Februar 2009

Cottbus und Stuttgart


Gut gelaunt tippte Pedro auf seinem Bierglas. Sollte er noch eines bestellen? Verdient hatte er es. Das Wetter war sonnig, er hatte frei von jeglichen Verpflichtungen Zeit für sich. Vormittags gab es ein spannendes Fußballspiel zu sehen und nun sollte gemütlich der Tag vertrödelt werden. Bundesliga schaute Pedro besonders gerne, weil er unter anderem Hannover 96 mochte und in Deutschland immer viele Tore fallen. Er wurde von der Partie gegen den VfB Stuttgart nicht enttäuscht: 3:3, da gab es für ihn nicht viel zu beklagen. In der Vorwoche nach der 1:3-Niederlage bei Energie Cottbus war das anders.

„Na, hast du dir heute wieder ein Spiel, das sonst keiner guckt, angeschaut?“, fragte ihn Francisco, als dieser in der Ecke sitzend entdeckte. „Ja, wieso?“, wollte Pedro wissen und bedauerte in Gedanken diesen Moment: Francisco, ausgerechnet dieser Pseudoexperte! Sein Kumpel sprach für gewöhnlich stolz von Colo-Colos Siegen, aber hatte von Fußball eigentlich keinen blassen Schimmer. Pedro befürchte, dass er sich wieder eine der Heldengeschichten des chilenischen Rekordmeisters anhören musste. Er hingegen hatte die Angewohnheit, ausgerechnet die Mannschaften und Spiele diverser Ligen zu verfolgen, über die nur selten etwas zu erfahren war. Er war der Meinung, dass sich im Unbekannten wahre Klasse verstecke, deshalb bezeichnete er sich auch als 96-Fan.

„Dein Hannover hat heute wieder nicht gewonnen!“, stellte Francisco fest, nachdem er zufällig die Fußballergebnisse aus Deutschland aufgeschnappt hatte und nun Sachverstand vortäuschen wollte. Pedro gönnte sich noch ein Bier und reagierte nicht auf die Bemerkung. „Dein deutscher Klub hat heute nicht gewonnen“, wiederholte Francisco. „Wieder einmal nicht!“, fügte er hinzu. „Ja, schlimm“, Pedro versuchte das Gespräch abzuwimmeln, doch der ungebetene Gast lies nicht nach. „Hast du mir nicht erzählt, deine komische deutsche Mannschaft werde Europas Spitze?“

Das Thema sollte nicht angeschnitten werden. Tatsächlich war Pedro vor der Saison zeitweise überzeugt, dass seine Roten, die in Santiago keiner kannte, endlich einmal international spielen würden. Er wird auch in der kommenden Saison darauf verzichten müssen, was ihn letztlich nicht überraschte: „Weißt du, Francisco, 96 wird eigentlich immer Elfter und das ist nicht schlecht.“ „Aber auch nicht gut“, entgegnete ihm sein Tischnachbar und behauptete, die Mannschaft werde wegen des Stillstands versteinern und zum Fossil mutieren. „Das vermeidet der Verein mit seiner Taktik gerade“, meinte Pedro. Dadurch, dass die Konstanz fehle, bleibe alles in Bewegung und die gelegentliche Abstiegsangst halte das Herz am Laufen. Ein spannendes 3:3 wie an diesem Tag füge sich das bestens ein, so Pedro. Am Ende würde dann ein aufregender 11. Platz herauskommen. "So ein Quatsch!", kommentierte Francisco und orderte noch eine Flasche Bier, um nicht selbst zu versteinern.

Montag, 2. Februar 2009

96 - Schalke


"Der Braunschweiger, der!", fluche ich über einen Autofahrer, der mir auf den Straße nach Santiago den ganzen Schwung rausnimmt. Meine Frau wundert sich längst nicht mehr über diese denkbar fiese Beleidigung. Sie hat sich daran gewöhnt, dass ich mir unliebe Mitmenschen als BTSV-Fans oder ähnliches bezeichne, so auch jenen Mann mit drittklassigen Fahrkünsten. In diesem Fall ist eine Verbindung sogar vorhanden. BS steht auf dem Nummernschild, mit dem man in Chile nicht die Herkunft sondern das Zulassungsjahr bestimmen kann.

Es ist Samstag. Anstatt wie gewohnt im Internet oder TV die Bundesliga zu verfolgen, sitze ich vormittags am Steuer. Irgendwie ist es ein bisschen wie früher in Deutschland, am Wochenende wird das Land durchquert, deshalb ist es auch mein Ziel vor 15 Uhr in Santiago anzukommen, wenngleich ich gar nicht ins Stadion gehen werde. Alle Hauptstadtklubs treten auswärts bzw. gar nicht an.
Ich trage ein 96-Trikot und höre "96- Alte Liebe", während ich meiner Beifahrerin ausmale, welch Schützenfest die Roten ab 11.30 Uhr Ortszeit veranstalten würden. Fest überzeugt, dass Hannover in der Rückrunde Fußballdeutschland überraschen wird, erfährt sie so von dem Spielverlauf. Meine Frau stellt die Ohren auf Durchzug: "Du kannst gerne rumspinnen, aber ich muss nicht zuhören, ja?" Mein Biorhythmus lässt mich samstags nur über 96 reden, das ist mir angeboren. Immerhin gluckst und brabbelt mein Sohn hin und wieder zustimmend.

Unterwegs überholen wir zahlreiche Fanbusse von Colo-Colo, gefüllt mit Hinchas aus der Provinz auf dem Weg nach Talca, wo der Meister zum Saisonauftakt gegen Curico antritt. Eigentlich ist das wie in der alten Heimat bei Spielen von Bayern München: das Land fährt zur Nummer 1. Übergroße Fahnen flattern aus den Fenstern im Fahrtwind. Innendrin scheint die Stimmung gut zu sein, denn die meisten Mitfahrer springen und hüpfen. Die Polizei begleitet das Spektakel. Erinnerungen an und Sehnsucht nach Auswärtskicks von 96 werden wach. Energie Cottbus bei schlechtem Wetter - da wäre ich wirklich gerne dabei. Solche Spiele haben mir immer gefallen. Ich tausche gerne gegen einen sonnigen Tag am Meer.

Gegen 11:38 Uhr überholen wir ein Auto mit dem Kennzeichen GE - 196. Zufall? .Mein Sohn meldet sich schreiend zu Wort. Ein gutes Omen. Das Ergebnis nur fühlend, aber nicht wissend ist mir klar, dass 96 führt. Schade, dass NDR nicht in chilenischen Radios zu hören ist. Bundesliga hörend an Vulkanen und Andengipfeln vorbeizusausen, hätte einen gewissen Reiz.

Ich sehe keine GE-Kennzeichen mehr, aber überhole locker nochmal BS. Es ist einfach ein Zweiklassenunterschied zwischen uns. Auf Radio Bio-Bio wird später sogar ein Ergebnis aus Deutschland genannt, leider nur von Bayer Leverkusen, das Arturo Vidal im Kader hat. Es ist Zeit, dass 96 einen Chilenen verpflichtet.

Sonntag, 25. Januar 2009

Universidad de Chile und die Copa Libertadores: ein Sommerchaos


Es war die Telenovela des chilenischen Sommers: Die Stadionsuche von La Universidad de Chile (La U). Zum ersten Mal seit 2005 spielt der Verein wieder in der Copa Libertadores, dem Gegenstück zur Champions League. Gegner ist am Mittwoch, 28. Januar, der mexikanische Verein Pachuca. La U kann allerdings seine traditionelle Spielstätte nicht nutzen. Nach langer Suche wurde ein Ausweichstadion gefunden: das Santa Laura von Union Española.

Es ist typisch für die Organisation des chilenischen Profifußballs. Normalerweise trägt La Universidad de Chile die Heimspiele im Nationalstadion aus. Als beliebtester Klub der Hauptstadt füllen sie Finalort der WM 62 für die örtlichen Verhältnisse ordentlich. Anders als die Konkurrenz von Colo-Colo und Universidad Catolica (UC) sind die Blauen aber keine Eigentümer ihrer Heimstätte und müssen regelmäßig anderen Veranstaltungen wie Open Air Konzerten weichen. Etwas, das sich mit besserer Planung umgehen ließe.

Derzeit werden im Estadio Nacional dringende Renovierungsarbeiten durchgeführt und ausgerechnet in der ersten Runde gegen den mexikanischen Vertreter Pachuca steht La U ohne Stadion da. In der Not wollte der Verein sogar das ungeliebte Estadio Monumental vom Erzrivalen Colo-Colo nutzen, was für viel Spott auf Seiten des Meisters sorgte. Colo-Colo gab am Ende sein Stadion doch nicht frei, weil man berechtigte Angst vor Ausschreitungen hatte und nicht auf einem möglichen Schaden sitzen bleiben wollte.

Die Suche ging also weiter. Viele große Stadien gibt es in Chile nicht. Für die Copa Libertadores sind 20.000 Plätze das Minimum. Bei UC im feinen Stadtteil Las Condes wurde gar nicht erst angefragt, weil der Bürgermeister den Anhang von La U nicht in seiner Kommune sehen möchte. UC muss bei den Derbys gegen Colo-Colo und La U immer ins Nacional umziehen.

Das Collao in Concepción bot sich als Alternative an. La U ist in der Region äußerst populär, das Collao erfüllt alle Anforderungen und selbst die Stadt zeigte sich begeistert. Internationaler Fußball ist im Süden eher selten. Pachuca wollte aber nicht mehr reisen als nötig und akzeptierte die Möglichkeit nicht. In Santiago müsse gespielt werden, so die Mexikaner, die schon genügend Reisestrapazen haben werden und nicht 500 Kilometer südlich weiter wollen.

Am Ende wandte sich La U an Union Española, Besitzer des schönsten Fußballtempels der Hauptstadt. Das Santa Laura ist baufällig, wird aber derzeit herausgeputzt und bietet mit zwei zugedrückten Augen und eingezogenen Bäuchen der Zuschauer genügend Platz. Es könnte sich als Glücksgriff erweisen, weil die Fans das Stadion lieben. Das Publikum ist nah am Spielfeld und La U spielte darin in der Vergangenheit recht erfolgreich. Für neuen Ärger sorgte dann die Eintrittspreise. 8.000 Peso (~10 Euro) sollen die Tickets kosten. Nach Protesten will die Vereinsführung die Preise reduzieren.

Samstag, 17. Januar 2009

96-Fans in chilenischen Medien


Las Ultimas Noticias ist ein chilenisches Boulevardblatt, das seine Ausgaben vor allem mit Skandalmeldungen über Fußballer und ihre Weibergeschichten füllt. Am Dienstag, 13. Januar, hatte es sogar ein entblöster 96-Fan auf eine Seite mit Diego Maradona, Thierry Henry und Victoria Beckham geschafft.

Hier die Übersetzung:

Versoffenes Dickerchen zieht sich bei vier Grad unter Null aus

Das Freundschaftsspiel zwischen den deutschen Mannschaften Hannover und Osnabrück war so langweilig, dass das Publikum mit Freude den übergewichten Fan feierte, der für Unterhaltung sorgen wollte: Es herrschten vier Grad unter Null, die den Platz einfroren und Schneeflocken fielen, er zog sich aus, um eine Show auf dem Zaun zu liefern. Es war das beste am Spiel.

Donnerstag, 8. Januar 2009

Merchandising für Kids


Kindererziehung ist eine schwierige Sache. Es gibt viele Streitpunkte und Uneinigkeiten, auch verläuft nicht alles nach Plan. Die lieben Kleinen reagieren, wie sie wollen. Wie und mit welchen Grenzen der Nachwuchs aufwachsen soll, ist im eigentlich gar nicht planbar. Eltern handeln am Ende instinktiv. Ein Thema lässt jedoch keinerlei Dikussionen zu: die Wahl des richtigen Fußballvereins.

Stadionbesuche bei Spielen von Hannover 96 werden für meinen Sohn eher selten sein. Wahrscheinlich werden ihm Colo-Colo, La Universidad de Chile oder auch argentinische Klubs vertrauter sein als die Roten. Meine geliebten 96er gibt es dagegen nur aus dem Fernsehen und Internet. Ich muss also auf anderen Wegen seine Leidenschaft für die Niedersachsen entfachen. Die Kleinkindlinie aus dem Fanartikelkatalog hilft ein bisschen dabei. Wie zu erwarten war, steht ihm Rot sehr viel besser als Gelb-Blau. Das zu wissen ist in einer überwiegend blau-gelben Stadt wie Concepción sehr wichtig.

Mein Lieblingsprodukt ist daher neben Strampelhosen und Trinkflaschen die Eintracht Braunschweig Windel. Das Wappen des Erzrivalen ziert dabei die wichtige Innenseite. Sie läuft nicht aus, der Inhalt hat seinen Platz. So kommt durch Diegos mal größere, mal kleinere Eigenleistung zusammen, was zusammen gehört.