Mittwoch, 27. August 2008

Hannover 96 - Energie Cottbus


“Hey Teacher, hast du mir am Freitag nicht erklärt, wie großartig Hannover 96 sei?“, fragte mich Jaime mit einem breiten Grinsen. Er hatte inzwischen auch von dem glanzlosen 0:0 gegen Ernergie Cottbus erfahren. Warum müssen eigentlich alle Bundesligaergebnisse in die Welt posaunt werden? Torlose Kicks der Roten sind doch wirklich kein Spektakel für den südamerikanischen Fernsehmarkt, trotzdem wurden Ausschnitte im Sportkanal gezeigt.

„Also, wie war das noch? Altin Lala is an albanian football player, Altin Lala is a great albanian football player“ Jaime hat zwar den Unterschied zwischen „an“ un „a“ anhand des Mittelfeldspielers wunderbar gelernt, trotzdem mochte er von dem leidigen Thema „Cottbus“ nicht loslassen. Während die Roten am Freitag das hannoversche Publikum verärgerten, hatte Jaime bei mir Englischunterricht. Er selbst ist treuer Anhänger von Huachipato und verfolgt auch gelegentlich die Bundesliga, sogar Hannover ist ihm ein Begriff. Bayern München und Bayer Leverkusen wirbelt er dagegen etwas durcheinander. Das kann allerdings in der Ferne wirklich etwas unverständlich sein. Wer weiß in Deutschland schon, dass Colo-Colo einst ein großer Indianerhäuptling war?
Anstatt via Internet die Glanztaten des 96-Wundersturms zu bewundern, musste ich mich zur Anstoßzeit zum 1896. Mal mit dem Thema „numbers and dates“ beschäftigen. Solche Lektionen nutze ich immer dazu, meine Schüler die Zahlen 96 und 1896 an die Tafel schreiben zu lassen oder vorzulesen. Als Beispieldatum wähle ich neben dem jeweils aktuellen natürlich Geburtstage sowie den April 12th, 1896 und den May 23rd, 1992. Jaime meisterte die Aufgaben problemlos, wunderte sich allerdings über die Jahrestage. Als er dann auf meiner Krawatte die 96 entdeckte, begann er zu lachen. „96 – das ist doch ein Fußballverein, oder?“
Ich erklärte ihm, dass ich jahrelang dem Verein hintergefahren bin und das Team in dem Moment ein Pflichtspiel hatte. Währenddessen schielte ich regelmäßig zu meiner Kollegin im Sprachlabor, die versprochen hatte nach einem Tor einen Ergebniszettel hochzuhalten. Ich hatte zuvor auf ihrem Computer den Liveticker eingestellt. Die menschliche Anzeigentafel blieb leider beschäftigungslos, wobei sie auch gar nicht auf den Bildschirm geschaut hatte, wie sie mir später gestand.
„Das kenne ich“, meinte Jaime. Er selbst musste am folgenden Tag für den Stahlkonzern Huachipato arbeiten, anstatt die Partie der Werkself von Huachipato gegen Palestino zu sehen. Seine Unterstützung fehlte und so gewann der schwarz-weiß-grün-rote Einwandererklub aus Santiago mit 2:1. Da konnte ich mit meinem 0:0 ganz zufrieden sein.

Donnerstag, 21. August 2008

96-Merchandising in Chile: Alkohol


Der Saisonauftakt hinterließ einen derben Beigeschmack. Wochenlang freuten sich die Fans auf das Ende der Sommerpause, um endlich wieder ihre Roten zu sehen. Man habe nun den besten 96-Sturm aller Zeiten, wurde in der Presse posaunt. Jan Schlaudraff, Mikael Forsell und Mike Hanke sollen fortan die Niedersachsen in den Europapokal schießen. Das Schalkespiel erweckte Zweifel an der Umsetzung der Zielvorgabe. Vorne zahm und in der Abwehr äußerst löchrig präsentierte sich 96. Das Resultat war ein 0:3 und ein letzter Platz.

Die chilenische Apotheken- und Drogeriekette Farmacias Ahumada (Fasa) hat daher einen ganz besonderen Merchandisingartikel auf den Markt gebracht: denaturierter Alkohol. Anders als bei der Konkurrenz von Cruz Verde und Salcobrand mit ihren schlaffen 95 Prozent, sorgt das Fasa-Produkt mit 96-Prozent für den richtigen Schwung bei misslungenen Eröffnungsparties und beschleunigt ein schnelles Vergessen von miserablen Kicks. Am Freitag ist das Mitschlusslicht Energie Cottbus zu Gast. Bleibt zu hoffen, dass kein 96-Fan zur chilenischen Flasche greifen muss.

Dienstag, 19. August 2008

Schalke 04 - Hannover 96


“Das kann doch nicht wahr sein.” Ein wenig verzweifelt steht Francisco vor dem Internetcafé. Fast jeden Tag sitzt er dort vor dem Monitor und surft im Netz herum, ausgerechnet heute sind die Türen geschlossen. „Alfonso hat bestimmt letzte Nacht zulange gefeiert“, überlegt Pancho, wie ihn die Freunde nennen. Es ist 9:25 Uhr, samstagfrüh wirkt selbst die Alameda etwas verschlafen. Die meisten Geschäfte an der zehnspurigen Straße haben noch nicht geöffnet und selbst der Verkehr ist etwas ruhiger. Lediglich die Busse rollen bereits durch Santiago.
„Wo bleibt er denn?“ fragt sich Pancho immer wieder und wünscht, dass sein Kumpel niemals den Mutterleib verlassen. Es ist die typisch chilenische Art des Fluchens und der potenzielle Kunde des Computerservices fühlt sich im Recht. Es ist inzwischen 9:38 Uhr. Viel zu spät, denn er möchte den Saisonauftakt von Hannover 96 gegen Schalke 04 verfolgen. „Die Roten führen bestimmt schon“ ist sich Pancho gewiss und geht weiter. In einer Seitenstraße entdeckt er eine Bar, die selbst zu früher Stunde mit Gästen gefüllt ist. „Vielleicht haben die einen Internetzugang?“ Nach einem flüchtigen Blick auf den Fernseher an der Wand traut er seinen Augen nicht mehr. Auf dem Bildschirm läuft tatsächlich ein Spiel aus der Bundesliga: Schalke 04 gegen Hannover 96. Pancho springt vor Freude. „Ach, deutschen Fußball zeigt der Sender doch immer“, klärt ihn der Wirt auf. „Das wusste ich gar nicht“, ist sein Gast überrascht. „Ich lass das nur laufen, weil die Premier League noch nicht angefangen hat“, meint der Hauherr eher desinteressiert.
Pancho dagegen ist vom Resultat entsetzt. Sein 96 liegt 0:2 zurück und scheint sich frühzeitig aufgegeben zu haben. Der Kommentartoren des Senders lästern über Altin Lala. Nach dem 3:0 für Schalke verlangen sie eine Namensänderung in Schalke 4:0 und rätseln, was die 96 zu bedeuten habe. Die Anzahl der Tore könne es nicht sein, da Hannover nichtmal eines schießen würde, behaupten sie.
Das restliche Publikum in dem Lokal hat sich längst vom Fernseher abgewendet. Es will lieber Leverkusen gegen Dortmund sehen, weil Arturo Vidal für Bayer aufläuft. Beim Umschalten wird der chilenische Nationalspieler gerade auswechselt. „Dann eben wieder Schalke“, murmelt der Wirt und zappt zurück, aber auch Pancho hat die Hoffnung verlassen. „Das wird heute nichts“, ist er enttäuscht und behält Recht. Freitag gibt es eine neue Chance und der Sender überträgt wieder direkt.

Montag, 11. August 2008

Fußball im Qualm der Kohle: Lota Schwager


Lota ist eine Stadt mit großer Bergbautradition in der VIII. Region. Der Abbau der Steinkohle ist inzwischen zu teuer, weshalb der Ort zusehend verarmt, zudem blieb ein erfolgreicher Strukturwandel bislang aus. Hin und wieder gelingt es dem Fußballverein Lota Schwager das gesamtchilenische Interesse zu wecken. Es ist eine Fahrstuhlmannschaft, die zurzeit in der Primera B mit Tuchfühlung zu den Aufstiegsplätzen steckt.

Das Estadio Federico Schwager, benannt nach dem verstorbenen Firmenpatron und Vereinsgründer, fasst 7000 Plätze. Das Stadiongelände ist nicht direkt in Lota, sondern in der Gemeinde Coronel, einem Vorort von Concepción. Es besteht aus zwei Stahltribünen sowie einer Fankurve aus Beton. Eingebettet in ein kleines Waldstück kann es schnell übersehen werden, da neben einem Zuschauerrang auch die Flutlichtmasten fehlen. Von einem Hügel aus lassen sich die Partien aber Gratis verfolgen, falls die Karten knapp werden sollten. In der Regel kommen 4000 Zuschauer.

Der harte Kern der lokalen "Hinchada" steht hinter dem Tor und lässt während der gesamten 90 Minuten einen Kohlekessel dampfen, aus dem auch gelegentlich Stichflammen entweichen. So werden die Zuschauer permanent an die Herkunft ihres Vereins erinnert, denn die Rußwolken ziehen bei günstigen Winden über das gesamte Areal. Da der schwarze Qualm ihrer Ansicht nach manchmal nicht ausreicht, werden zusätzlich rote Rauchbomben angezündet. Für die Sicht auf das Spielfeld ist der Nebel unbedeutend, in der zweiten chilenischen Liga hat der Fußball eher ein niedriges Niveau. Einige Minuten können problemlos verpasst werden.

Am Sonntag waren die Santiago Wanderers aus Valparaiso zu Gast in Lota. Die Grünweißen aus der Hafenstadt gehörten vor nicht allzu langer Zeit zu den besseren Teams des Landes und waren 2001 sogar Meister. Seit drei Jahren befindet sich das Team jedoch in einer Dauerkrise und kämpft momentan sogar um den Klassenerhalt in der Primera B. Der Anhang bleibt trotzdem treu. Heimspiele in Valparaiso sind dank des stimmgewaltigen Publikums immer noch besondere Erlebnisse und auch auswärts reisen für chilenische Verhältnisse viele Fans mit. Zu ihrem Leid gehören sie aber in der zweiten Liga zu den einzigen problematischen Hinchas, daher suchten sie in Lota vergeblich nach Ärger. Weil auf die Pöbeleien und Provokationen keiner der Zuschauer auf der Heimseite reagierte, feuerten sie lieber ihre Mannschaft an. Vergeblich, denn das Spiel endete 0:0.


Die Gegentribüne im Estadio Federico Schwager. In Lota möglich: mit dem Fahrrad ins Stadion.



Die Heimfankurve von Lota Schwager im Nebel
Blick auf die Haupttribüne.
Pro Fan eine Fahne: Santiago Wanderers.

Donnerstag, 7. August 2008

96-Merchandising in Chile: Cerveza Austral

Aus Punta Arenas, einer Stadt im tiefen Süden Chiles, stammt ein köstliches Bier: Austral. Dieser Merchandiseartikel wurde bereits in einer älteren Ausgabe des hannoverschen Fanzines Notbremse vorgestellt. Weil er seine Qualität bewahrt hat, bekommt er bei "Fußball von unten" ebenfalls seinen Platz.
Der Braumeister José Fischer hatte 1896 die "Cervecería La Patagona" gegründet und nach dem deutschen Reinheitsgebot Pils, Lager und andere Sorten hergestellt. Das Rezept hat sich auch in der Andenrepublik bewährt und Austral gehört zu den besten Bieren des Landes. Es ist herber als die Massenkonkurrenz Escudo und Cristal, vor allem aber verträglicher. Wer einmal in einer chilenische Kneipe seinen Durst löschen möchte, kann bedenkenlos zugreifen. Ein Kater bleibt aus.
Nicht nur der Inhalt, sondern auch die Verpackung zeugen für Qualität. Auf dem Etikett sind die Berge des Nationalparks "Torres del Paine" abgebildet. Passend für einen 96-Fanartikel sind die Farben in schwarz-weiß-grün gehalten, zur Veredelung wurde ein pokalsiegerliches Gold hinzugefügt. Austral preist sein Bier jedoch nicht mehr wie in der Vergangenheit mit "Tradición desde 1896", sondern mit "Fundada en 1896" an. Bei dem Alter ergibt sich die Tradition von selbst. Eine vielleicht pikante Randnotiz ist, dass die Region um Punta Arenas "Península de Brunswick" genannt wird.

Montag, 4. August 2008

Sommerpausenende


Die Wolken liegen über den Hügeln von Concepción. Es ist wieder einmal regnerisch, wie so oft in diesem Winter. Das himmlische Nass reinigt immerhin die Luft, die von den Holz- und Kohleöfen in den Häusern belastet wird. Zu großen Unternehmungen lädt das Wetter trotz des freien Tages leider nicht ein und so ist der Blick in das Fernsehprogramm eine Alternative. Werder Bremen gegen Hannover 96 zeigt der mexikanische Sender golTV zum wiederholten Male. Die Partie aus der letzten Saison sollte eigentlich in den Archiven des Senders gelöscht werden, war das Ergebnis doch kein Glanzpunkt hannoverscher Fußballhistorie. Der Sportkanalredaktion fehlt leider diese Erkenntnis und berichtet euphorisch über das offensive Spiel der Grünweißen.

Aufgrund mangelnder masoschistischer Leidensfreude bleibt die Flucht ins Internet. Auch dort fehlen interessante Neuigkeiten. Die Roten kämpfte auf Mallorca um die Goldene Ananas. Das chilenische Gegenstück zu solchen Sommerturnieren heißt Copa Gato, benannt nach einer äußerst fuseligen Weinsorte. Die Ergebnisse gegen Hertha BSC Berlin und den Gastgeber machen weder schlau noch dumm, sie verschwinden schnell in der Statistik. Zum Glück war am Wochenende sogar echter Fußball zu sehen. Die 3. Liga hatte in Deutschland gekickt und der mdr zeigte ein Livespiel. Das neue untere Unterhaus klingt jedoch nach Eintracht Braunschweig und nicht nach großer Showbühne. Begeisterung flackert bei dieser Division aus der Entfernung nicht auf.

Dafür gab es in der hiesigen Primera A recht abwechslungsreiche Partien. In Santiago fand der „Arm gegen Reich“-Clásico, Colo-Colo gegen Universidad Católica, statt. Die Mannschaft der Beserverdienenden gewann gegen den Rekordmeister mit 1:0. Spitzenreiter in der Clausura bleibt jedoch Universidad de Chile, die ihren Siegeszug fortsetzt und mit 3:1 Cobreloa besiegte. Die Vereine der VIII. Region verloren allesamt. Im Collao durfte eine Schlammschlacht zwischen Huachipato und den Rangers de Talca bewundert werden (1:2).

Alles in allem sind die Ergebnisse nur weitere Pausenfüller, um das Warten auf die neue Bundesligasaison zu verkürzen. Die EM-Euphorie ist längst verflogen und den chilenischen Ergebnissen fehlt aufgrund des Play Off-Systems die wirkliche Brisanz. Selbst der Tabellenachte kann am Ende Meister werden. Nächsten Samstag ist es jedoch endlich soweit. Im DFB-Pokal trifft 96 auf Halle. Das Leben bekommt seinen Sinn zurück.

Freitag, 1. August 2008

Der neue 96-Star

Fußball von unten ist in Chile immer auf der Suche nach Stars und Sternchen. Bislang hat die Redaktion nur Spongebobs Kumpel Patrick entdeckt.