Montag, 30. Juni 2008

Auf geht's in die Clausura 2008



Die Europameisterschaft ist vorbei, trotzdem wird eine völlige Leere während des Wartens auf die neue Bundesligasaison vermieden. In Chile läuft seit zwei Wochen die Clausura 2008, das Methadon für den 96-Süchtigen im Andenstaat. Das Lieblingsteam des Verfassers, La Universidad de Chile aus Santiago, hat sein Auftaktspiel gegen Ñublense, dem Überraschungsteam der Apertura, mit 2:1 gewonnen und wird von der blau-roten Anhängerschaft bereits wieder als Titelkandidat bejubelt, doch Favoriten gibt es viele.

Rekordmeister Colo-Colo gehört traditionell dazu, von Titelverteidiger Everton darf viel erwartet werden, aber auch Universidad Católica, O'Higgins und Audax Italiano sind stets Spitzenmannschaften in Chile. Vielleicht kann Union Española zu alter Stärke zurückfinden. Trainer Jorge Garcés hatte zuvor schon bei O'Higgins und den Santiago Wanderers hervorragende Arbeit geleistet.

Ein Absteiger steht bereits fest. Deportes Concepción wurde wegen der permanenten Zahlungsunfähigkeit die Lizenz entzogen und nimmt an der Clausura nicht mehr teil. Die Primera A spielt daher nur noch mit 19 Vereinen und die Lilaweißen starten im nächsten Jahr eine Klasse tiefer.

Die Situation von Deportes ist symptomatisch für den chilenischen Fußball. Wochenlang bei der Asociación Nacional de Fútbol Professional (ANFP) wurde darüber diskutiert, wie der Verband mit dem Klub vorgehen solle. Mal wurden Concepción zwölf Punkte abgezogen, dann waren es nur noch neun und kurz vor Saisonbeginn erhielt der Verein keine Lizenz. In der Zweiten Liga kann er aber auch nicht starten, da die Primera B ganzjährig in drei Runden ausgespielt wird, weshalb erst im Dezember Auf- und Absteiger ermittelt werden.

Organisieren ist generell nicht die Stärke des Fußballverbands ANFP. Spieltermine stehen oft kurz vor Anpfiff fest, Nationalmannschaftreisen und internationale Vereinswettbewerbe wie die Copa Libertadores überschneiden sich, außerdem werden nicht selten Partien kurzfristig verschoben, weil zum Beispiel das Nationalstadion für andere Zwecke gebraucht wird. Leidtragender ist in der Regel La Universidad de Chile, das Hauptmieter des Estadio Nacional ist. Weil die Mannschaft neben Colo-Colo zu den beliebtesten des Landes gehört, kann La U nicht problemlos auf eine der anderen Fußballarenen in Santiago ausweichen. Die meisten Bauten sind marode und die Heimstätte des Erzrivalen wurde in der vergangenen Saison nur genutzt, weil La U wegen Ausschreitungen vor leeren Rängen kicken musste. So konnten sich die Fans über den Austragungsort nicht beschweren, sie durften nicht zuschauen. Mindestens einmal pro Jahr gehen die Blauen allerdings auch zu den Weißen von Colo-Colo. Der zweite Superclásico 2008 findet am 18. Oktober statt.


Sonntag, 29. Juni 2008

Der Grund


Die Niederlage kündigte sich vor dem Anpfiff an. "Braunschweig" stand auf dem Schal eines Unheilsbringers geschrieben. Deutlich war dieses Wort im Fernsehen zu lesen. Bereits gegen Kroatien war eine Eintracht-Mütze im TV zu sehen. Zweimal also waren BTSV-Fans bei der Euro im Bild, darauf folgten zwei Niederlagen. Ein Zusammenhang ist deutlich, Zweifel sind überflüssig.

Die Europameisterschaft hat trotzdem Spaß gemacht. Sie hat die Sommerpause gefüllt. Guten Fußball gab es in der Regel zu sehen, weshalb das Turnier eine nette Abwechslung zum Ligaalltag gewesen ist. Das ist alles vorbei, ab sofort wird die Welt wieder schwarz-weiß-grün: 96 hat Trainingsbeginn.

Freitag, 27. Juni 2008

Taktische Überlegungen für Sonntag



"Ihr steht also wieder mal im Finale", stellt mein Nachbar fest. "Das ist doch selbstverständlich", erklär ich ihm, deshalb nehme Deutschland doch an dem Turnier teil. "Angeber, aber viel Glück am Sonntag", wünscht er mir noch, obwohl das mit Glück eigentlich nichts tun haben sollte. Vielmehr ist die perfekte Vorbereitung wichtig.

Als einer von über 80 Millionen Bundestrainern trage ich auch fernab der Heimat eine gewisse Verantwortung. Die richtige taktische Aufstellung ist entscheidend. Kleinste Veränderungen stören möglicherweise den Spielverlauf und bislang habe ich kaum Fehler gemacht. Ein Bierwechsel gegen Kroatien wirkte sich jedoch sofort negativ aus. Statt des chilenischen Cristals, griff ich zum deutschen Importbier. Das war respektlos gegenüber meinem Gastland, was anschließend gegen Österreich wieder geändert wurde. Nach der Rückkehr zum Cristal, dass in Chile Sponsor zahlreicher Erst- und Zweitligisten ist, lief der Kick wieder.

Bewährt hat sich das schwarz-rot-goldene Mittagessen. Das Endspiel wird um 14:45 Uhr Ortszeit angepfiffen, so dass die farblich passende Getränkeauswahl und die in Landesfarben colorierten Speisen großen Einfluss auf die Leistung des Rekordeuropameisters haben. Ein vegetarische Paella ließe sich gut dazu nutzen, doch könnte natürlich die Spanier stärken.

Eine enorme Bedeutung hat auch die Trikotwahl. Prinzipiell trage ich seit dem Viertelfinale ein Trikot von der EM 1996, aber im Retroshirt aus den 70er Jahren habe ich gegen Polen und Österreich erfolgreich auf den Fernseher geschaut. Ich weiß noch nicht, welches Hemd ich am Sonntag anziehe. Die Tendenz geht zum 96er-Jersey, damit wurde die Elf schon Europameister.

Unverändert wird der Schal auf dem Fernseher liegen bleiben. Er hat der Nationalmannschaft Schutz vor zu vielen Störungen von außen gegeben und strahlt das permanente EM-Fieber, das in meiner Wohnung herrscht, aus. Allerdings ist gerade der Fernseher das größte Problem bei der Finalaufstellung. Das Spiel wird auf Spanisch übertragen. Die Sprecher sind zwar Argentinier, aber trotzdem könnte es für den Gegner ein Vorteil sein. Andererseits werde ich die Spanier auch mehrsprachig beschimpfen. Durch die vielen Stadionbesuche in Chile habe ich die nötigen Vokabeln gelernt.

Donnerstag, 26. Juni 2008

Deutschland gegen Spanien: die Sympathien sind geteilt

"Wenn die Deutschen uns kolonialisiert hätten, wären wir eine bessere Rasse", erklärte mir vor Jahren eine Kellnerin in einer Kneipe in Santiago. Sie fluchte dabei ausgiebig über die Spanier, während sie gleichzeitig die Deutschen in den Himmel lobte. Über diese Meinung kann gestritten werden und der Begriff "Rasse" hat ebenfalls einen Beigeschmack. Ich wusste zu ihrer "Rassentheorie" jedenfalls nichts Gescheites zu sagen, außer, dass sie keinen Grund zu klagen hätte, weil die Chilenen doch gut gelungen seien.
Diese Frau wird am Sonntag, sofern sie sich für Fußball interessiert, gewiss zur DFB-Auswahl halten. Wieweit das ihre Landsleute tun werden, ist schwer einzuschätzen. Das Interesse an der spanischen Primera Division ist wesentlich größer als an der Bundesliga. Vereine wie Real Madrid, FC Barcelona und vor allem Villareal CF sind populär. Letzteres wird vom chilenischen Trainer Manuel Pelligrini erfolgreich trainiert, sowie hat das Ausnahmetalent Matías Fernández in seinem Kader. Der Champions League Teilnehmer ist so etwas wie die chilenische Vertretung im europäischen Fußball.
Vereinsriegen und Nationalmannschaften sind jedoch zwei verschiedene Dinge. Deutschland wird aufgrund seiner Erfolge verehrt und das Trikot besitzt die gleichen Farben wie das Hemd des Hauptstadtklubs Colo-Colo. Gerade in der Fankurve des Rekordmeisters tragen viele "Hinchas" das DFB-Jersey. Fällt das Thema auf das Deutsche Team, bewundern sie seine Kampfkraft und den Siegeswillen. Die Weltmeisterelf von 1990 können viele Fußballanhänger hierzulande problemlos aufzählen. Falls Lothar Matthäus mal wieder einen neuen Job braucht, sollte er sich einfach in Santiago bewerben. Er würde mit offenen Herzen empfangen werden.
Ein Problem hat die deutsche Elf jedoch: die Chilenen lieben trickreiches Gekicke. Auch wenn die eigene Technik oft nicht ausreicht, wird alles mögliche auf den Bolzplätzen ausprobiert, so soll auch der Fallrückzieher in Chile erfunden worden sein. In Lateinamerika heißt er allgemein "Chilena". Wollen Jogis Männer am Sonntag nicht nur den Titel, sondern auch neue Fans gewinnen, sollten sie die Tore mit kleinen Kabinettstückchen erzielen. Die Zuschauer am anderen Ende der Welt werden es ihnen danken.

Mittwoch, 25. Juni 2008

und schon wieder im Finale


Hupkonzerte, Autokorsos und jubelnde Massen: In Concepción gab es das nicht. Nach dem Spiel blieb es so ruhig wie zuvor, weil sich die deutsche Minderheit in der Stadt nicht auf der Plaza de Armas traf, um den Verkehr lahmzulegen. Das Leben ging nach dem Schlusspfiff gewohnt weiter, lediglich ein Immigrant nervte mit seiner Fahrradhupe für einen kurzen Moment sein Umfeld. Die Einheimischen nahmen seine Freude und das Ergebnis mit der üblichen Gelassenheit hin. Es ist auch keine Überraschung, dass Deutschland im Finale einer EM steht.
Für die größte Aufregung sorgte vielleicht der Bildausfall während der Fernsehübertragung. Der Kommentatoren von espn vermuteten, Michel Platini habe die Stromrechnung der Uefa nicht bezahlt und deswegen sei der Saft abgestellt wurden. Hoffentlich überweist der Verbandspräsident vor dem Endspiel rechtzeitig das fehlende Geld. Dunkle Fernsehbilder in entscheidenden Situation schaden der Gesundheit.


Jiri Stajner am Estadio Nacional


Jiri Stajner als Graffiti? Nein, es ist Humberto "Chupete" Suazo, ehemaliger Stürmer von Chiles Rekordmeister Colo-Colo. Der Welttorjäger des Jahres 2006 spielt heute bei Rayados del Monterrey in Mexiko und war zeitweise auch bei bei Werder Bremen sowie Borussia Dortmund im Gespräch. Das Bild wurde in Santiagos Stadtteil Ñuñoa in der Nachbarschaft des Nationalstadions an eine Häuserwand gesprüht.

Eine Verpflichtung von Suazo bei 96 wäre keine schlechte Idee. Das chilenische Fernsehen würde verstärkt über Hannover berichten und der Verkauf von 96-Trikots stiege sprunghaft an. Eine ähnliche Entwicklung ist nach dem Wechsel von Arturo Vidal zu Bayer Leverkusen zu beobachten. Bayer ist der aktuelle deutsche Lieblingsverein in Chile.

Der flinke Stürmer trifft aus allen Lagen, doch leider oft genug auch daneben. Mit Jiri Stajner könnte Suazo die Fans zur Verzückung und zum Wahnsinn treiben: mal funktionieren die Tricks, mal enden sie als Gestolper. Vielleicht ist Suazo bei der WM 2010 in Südafrika zu sehen, denn der 27-Jährige ist mit der chilenischen Nationalelf in der Qualifikation momentan erfolgreich.

Freitag, 20. Juni 2008

96-Merchandising in Chile (Folge 1)


Der Merchandisingmarkt hat seit einigen Jahrzehnten seine Angebotspalette längst über Trikots, Fahnen, Mützen und Schlüsselanhänger hinaus erweitert. Einige Vereine bieten eine Vollausstattung für den Alltag, sogar Fanhäuser sind dabei. Es ist ein gutes Geschäft und liefert wichtige Einnahmen für die Fußballklubs. Sie schauen deshalb genau hin, wer und was verkauft. Die Artikel müssen lizensiert sein, denn Produktpiraterie ist auch für Mannschaften wie Hannover 96 ein Ärgerniss.

In Chile fallen einem 96-Fan ständig diverse inoffizielle Fanartikel ins Auge. Es gibt Bier von 1896, einen 96er Likör sowie allerlei eingelegtes Gemüse. Die Firma Traverso produziert zum Beispiel feurige rote Soßen, milden Senf, Sauerkraut, Mixed Pickles und verschiedene Oliven. Die Qualität ist sehr gut und preislich gibt es an den Waren auch nichts auszusetzen. Das "Aji Pebre", eine scharfe chilenische Spezialität, hat zwar nicht den wunderbaren Geschmack der selbstgemachten Variante, aber dient hervorragend, um Pommes und anderen Fastfood zu verfeinern. Traverso bietet auch einen Kaufanreiz, um zu ihren und nicht zu den Konkurrenzprodukten zu greifen: Auf der Verpackung prangt ein kreisrundes Gütesiegel, das bezeugt, es habe "Tradición desde 1896". Ein Hannover 96 Fan weiß, dass es eine bessere Auszeichnung kaum geben kann.

Es könnte perfekt sein, doch Firmengründer Rossi Signolo muss bei der Suche nach den typischen Farben seinen Unternehmens etwas verwechselt haben. Die über 50 Produkte werden nicht in rote oder schwarz-weiß-grüne, sondern in blau-gelbe Verpackungen gesteckt. Das Gütesiegel ist blau-gelb und wirkt in dieser Kombination etwas befremdlich, schließlich stehen diese Farben für eine andere Kickerriege, deren Qualität eher drittklassig ist. Die Oliven, Gürkchen und Zwiebeln schmecken trotzdem. Vielleicht ist die blau-gelbe Masche nur ein Trick, um einem Rechtsstreit über Urheberrechte zu entgehen.



Galeria, por favor - Eintrittskarten (1)

Eintrittskarten für Fußballspiele in Chile sind in der Regel sehr klein und stammen von Vorverkaufsagenturen. Gerade bei Colo-Colo und Universidad Catolica gibt es in der Regel nur Billets von ticketmaster oder feriaticket. Für Sammler dürfte das eher enttäuschend sein. Meistens werden die Zettel am Eingang auch bis zur Unkenntlichkeit zerissen, wie beim Finale der Copa Sudamericana 2006 zwischen Colo-Colo und Pachuca.
La Universidad de Chile und die vielen kleineren Vereine wie Deportes Concepción, Huachipato, Lota Schwager, Palestino usw. verkaufen sammelnswerte Eintrittskarten. Nach Ende der Winterpause wird es in diesem Blog Stilkritiken zu ausgewählten "Entradas" geben.




Donnerstag, 19. Juni 2008

Deutschland im Halbfinale

Halbfinalspiele sind für die Deutsche Nationalmannschaft so normal wie Trainingseinheiten. Steht ein großes Turnier an, ist die DFB-Elf in der Regel bis zum Schluss dabei, insofern ist der Sieg gegen Portugal eigentlich keine Überraschung. Vor dem Spiel war die Nervosität trotzdem nicht zu unterdrücken.

7:00 Uhr Se viene el gran partido

Der Wecker klingelt. Noch sieben Stunden und 45 Minuten bis zum Anpfiff. Die Gedanken kreisen schon um das Spiel. Ein Ausscheiden bei einer EM ist immer fürchterlich, weil es eine Unvollendung bleibt. Ich habe zum Glück nicht mein "Das wird heut nix"-Gefühl, sondern gehe den Tag gelassen an.

8:30 Uhr Presseschau mit Bild.de und anderen Expertenmedien

Nach Studien in den einschlägigen Medien bin ich mir sicher, dass wir gewinnen. Michael Ballack sei laut Zeit.de besser als Cristiano Ronaldo, Mario Gomez soll nicht spielen und überhaupt haben wir eine Turniermannschaft. Ich beginne damit, Forenartikel zu verfassen und bekomme den Beruhigungsbierdust. Es ist aber noch zu früh für ein Bier. Das Kribbeln im Bauch steigt und ich verschicke Mails mit dem Inhalt: "Wir sind wieder wer!"

11 Uhr Einkauf

Ich kaufe im Onkel-Pedro-Läden an der Ecke Cola, Bilz und Pap. Diese Auswahl von Limonaden hat sich gegen Österreich bewährt. „Never change a winning team“ heißt es und an die Regel halte ich mich. Bier des Tages wird der chilenische Klassiker Cristal. Es ist gut und billig, zudem Sponsor der chilenischen Nationalelf, die heute abend auch ein wichtiges Spiel hat.

13:30 Uhr Mittagessen

Es gibt oben genannte Zuckerbrausen, aber auch schwarze Bohnen, geschmorte Tomaten und gelben Curryreis. Mit der schwarz-rot-gelben Kombination soll so etwas wie EM-Stimmung in die Wohnung gezaubert werden. Bei mir klappt das problemlos, meine Frau lässt sich davon anstecken. Ihr schmeckt es einfach. Als kleine Detailkorrektur tausche ich noch mein 70er WM-Trikot gegen das 96er EM-Shirt aus, es ist schließlich Europameisterschaft und keine WM. Das falsche Hemd hat schon so manches Mal Unglück gebracht.

14:00 Uhr La previa en espn

Die Moderatoren verneigen sich geradezu vor dem deutschen Team und tippen dennoch auf Portugal. Naja, sie werden schon sehen, wer das Spiel gewinnen wird. Es kann nichts schiefgehen, oder doch? Moment! Der Schal liegt nicht richtig auf dem Fernseher. Er muss noch zurechtgerückt werden .

14:45 Anpfiff

Das Spiel beginnt und ich sehe, dass die DFB-Elf auftrumpft. Entspannt lehne ich mich zurück. Heute wird das kein Zitterspiel, selbst wenn der Kommentator Miguel Simon von espn die ganze Zeit Cristiano Ronaldo lobt. Sein Liebling wird heute ausscheiden, denn da spielt meine Mannschaft: Vorrunde mäßig, aber in den K.O.-Spielen topfit.
Die Toren fallen und die Partie ist interessant. Ich singe Hohn- und Spottlieder, worauf die Portugiesen den Anschlusstreffer erzielen. In den letzten sieben Minuten müssen die Daumen gedrückt werden. Es hilft. Deutschland im Halbfinale. Routine! Ich behaupte doch schon seit Wochen, das „Wir“ die Euro gewinnen, nun wird mir endlich geglaubt. ... es ist den meisten Menschen in meiner Umgebung aber auch egal.

17 Uhr Online Recherche

Bild.de, Spiegel-Online und alle anderen Medien kommen aus dem Jubeln nicht heraus. Genau das möchte ich lesen. Die Euro kann weitergehen und ich hoffe auf ein Halbfinale gegen die Türkei.

Technorati Profile

Mittwoch, 18. Juni 2008

Fußball und Musik - die Weltstars ähneln sich

Gestern führte ich eine Diskussion über die Gemeinsamkeiten des Fußballs und der Musik. Beides ist Showgeschäft, in dem es unzählige Unbegabte, viele Talente, einige Sternchen und natürlich auch die Weltstars gibt. Letztere werden zum Teil so sehr vergöttert, dass ein normales Privatleben auf der Strecke bleibt. Jeder Weg wird beobachtet, jede Handlung ist eine Schlagzeile wert. Bei großen Fußballern wie Musikern ist eine gewisse Exzentrik normal.
Diego Maradona und Elvis Presley haben zum Beispiel wie keine anderen ihre Branchen geprägt. Der Argentinier lebt trotz Kokain- und Fresssucht zum Glück noch. El D10S kickt sogar wieder ansehnlich bei Benefizveranstaltungen sowie der Showbol-Serie. Nach diversen Therapien sind die fetten Zeiten vorbei. Sein Leben gerät zwar immer wieder aus den Fugen, aber vielleicht braucht er die Skandale, um regelmäßig durchzuatmen.
Maradonas musikalisches Pendant Elvis Presley hatte keinen so großen Schutzengel. Seine Exzesse führten zum Tod. Wenngleich mich seine Musik nie besonders begeistert hat, sind Parallelen sind zu entdecken. Seine Fans, alte wie junge, lieben ihn immer noch. Als King of Rock'n'Roll wird er seit Jahrzehnten verehrt und es bleiben eher die einzigartigen Momente als die Eskapaden in Erinnerung.
Zwei Stars haben es geschafft, auch im Alter allein durch ihr Dasein die Medienwelt zu beeindrucken: Madonna und Franz Beckenbauer. Die besten Momente haben sie längst hinter sich, vieles Gegenwärtige in völlig belanglos und doch gelingt ihnen problemlos der große Wurf, um den Mythos aufrechtzuerhalten. Sowohl Madonna, als auch der Fußballkaiser werden von der Gesellschaft hofiert, jeder Auftritt gilt als Ereignis. Große Skandale sind nicht zu erwarten. Beckenbauer wie Madonna sind selbst zu Wirtschaftsfaktoren geworden und wissen, wie sie sich vermarkten, nur schauspielern können beide nicht. Ähnlich ist der Vergleich mit Pelé und Paul McCartney. Sie haben ihre Klasse bewiesen und brauchen keine neuen Herausforderungen mehr.
Neben den wirklichen Superstars gibt es natürlich die Eintagsfliegen und Sternchen, die immer wieder auftauchen, um für einen Moment die Welt begeistern, aber anschließend wieder verschwinden. Europameisterschaften aber auch fußballlose Partysommer bieten dafür die Plattformen. Kurioserweise hat die Euro2008 noch kein One Hit Wonder wie Karel Poborsky (Euro96) hervorgebracht, aber manchmal vergeht selbst ein Sommer ohne Dauerbrenner.
Im Laufe des Abends sind wir auf diverse Vergleiche gekommen: Amy Winehouse und Paul Gascoigne, Oliver Kahn und Rammstein, Zinedine Zidane und Manu Chao, die französische Nationalelf und Les Negresses Vertes... eine endlose Liste. Nach einem Vergleich haben wir jedoch fieberhaft gesucht: Welcher Fußballer ist das Gegenstück zu Michael Jackson?

Dienstag, 17. Juni 2008

EM 2008 in Concepción

Auf die Europameisterschaft 2008 hatte ich mich schon lange gefreut. Ereignisse wie eine EM ziehen mich immer wieder in ihren Bann, wenngleich der permanente Kommerz den Spaß an der Sache verderben kann. Ich lebe aber seit einiger Zeit fernab Europas und sehe fast nur den puren Fußball. EM-Partys, schwarz-rot-goldener Nippes und vieles andere erreichen Concepción überhaupt nicht, lediglich der tägliche Blick auf BILD.de zeigt mir, was ich gerade problemlos verpasse.
Ich verfolge das Turnier täglich beim Sportsender espn und bin begeistert. Noch nie habe ich eine solch kompetente Berichterstattung gesehen. Alle nötigen Informationen werden geliefert und alle Mannschaften mit gleichem Respekt behandelt. Auf unlustige Scherze wird verzichtet, dafür analysieren echte Experten die Partien, denen einen stokelnder Mario Gomez genug Stoff für gelungenen Spott bietet. Kein selbstverliebter Kerner oder Beckmann verderben mit dämlichen Kommentaren die Übertragung und bewertet die Leistungen von Ballack und Co. überhoch. Kleinere Fehler passieren natürlich, aber die sind schnell verziehen. So muss Fußballberichterstattung sein.
Schade ist eigentlich nur, dass ich die ganzen Spiele weitgehend alleine verfolge. Ich bin erst vor ein paar Tagen von Santiago nach Concepción gezogen und neue Bekanntschaften habe ich noch nicht knüpfen können. Die alten Fußballkumpels aus Deutschland werden die Begegnungen sicherlich lautstark gemeinsam schauen. In solchen Momenten vermisse die alte Heimat, immerhin sorgt ein Deutschlandschal über dem Fernseher im EM-Fieber in der neuen Wohnung. Meine Freuden und Ärgernisse über die Resultate teile ich im Cyberspace, außerdem muss meine Frau die tagtäglichen Weisheiten über das Spiel ertragen. Sie hat viel Geduld und schauspielerisches Talent, denn ich habe noch nicht herausgefunden, wie sie mir so interessiert zuhört, obwohl ihr die Euro 2008 egal ist. Heute hat sie allerdings zugegeben, dass sie plötzlich Deutschland gut findet. Jahrelang gehörte das DFB-Team zu ihren ungeliebtesten Mannschaften.