Mittwoch, 30. Juli 2008

Hannover ohne 96


Hannover ohne 96 ist kaum vorstellbar. Die Zahl gehört zu der Stadt. In Santiago werden Fans auch nach langer Suche "Hannover 96" nicht finden. So gibt es im Bezirk Ñuñoa eine Straße mit dem schönen Namen der niedersächsischen Landeshauptstadt, doch die Hausnummern fangen im 5000er Bereich an. Selbst eine 1896 ist zu klein, obwohl die Allee nur ca. 300 Meter lang ist. Das liegt an der eigentümlichen Adressierung in der chilenischen Metropole, die wie ein Planquadrat angelegt ist. Die Hauptstraßen eines Viertels geben die Nummerierungen vor und werden nach Blöcken eingeteilt, beginnend bei 0-99, worauf 100-199 folgen und schließlich bei 6000 endet. Weil aber nicht alle Ziffern genutzt werden, übernehmen die parallel verlaufenden Gassen die übrigebliebenden. Da sich Hannover am Ende der "Avenida Irarrazaval" befindet, ist "5000" das erste Haus vor Ort.
Übrigens sind Bremen und Hamburgo ganz in der Nähe. Sogar Peine gibt es, allerdings in Quilicura, was eine Busstunde von Ñuñoa entfernt ist. Eine Begegnung mit Braunschweig, Brunsviga und anderen Versionen ist nicht zu befürchten.

Montag, 28. Juli 2008

Ideal für Groundhopper: das Estadio Collao

Vor einem Kassenhäuschen tummeln sich weltweit allerlei schräge Vögel. Ob Hooligan, Ultra, Kutte etc. - alle müssen warten. Das kann lustig, aber auch extrem nervig sein. Hühner, Fasane und Gänse gehören eigentlich nicht zur üblichen Klientel von Kartenkäufern. Vor dem Estadio Municipal de Concepción reihen sich die Tiere trotzdem in die Warteschlange ein, wenn der Vorplatz hauptsächlich für den Wochenmarkt genutzt wird. Das Geflügel rennt an solchen Tagen zwischen den Fußballfans umher und sein Besitzer hat alle Mühe sein Kapital wieder einzufangen.
Das Collao, wie die Sportstätte im Volksmund heißt, hat die ideale Anbindung für vielreisende Groundhopper. Das Busterminal befindet sich direkt gegenüber. Stadtbesuche in Concepción werden dadurch überflüssig, falls man nur ein Spiel sehen möchte. Bei den so genannten Risikopartien der jeweiligen Gastgeber gegen Colo-Colo und Universidad de Chile verkaufen allerdings die Kneipen im Viertel kein Bier, so dass der Durst erst ein paar Blöcke weiter gestillt werden kann.
Das Stadion fasst 35.000 Zuschauer, es wurde 1962 eröffnet und ist für chilenische Verhältnisse in einem guten Zustand. Die Fans verteilen sich normalerweise auf den Oberrängen der Haupt- bzw. Gegentribüne. Bei den Begegnungen der Heimatvereine Deportes Concepción, Fernandez Vial und Universidad de Concepción bleibt eine davon in der Regel leer. Auswärtsfans bringen die meisten Mannschaften nur sehr wenige mit, Ausnahmen sind die Klubs aus Santiago sowie die Teams aus den Nachbarorten Talcahuano, Lota und Chillán.
Die Kurven hinter den Toren haben nur einen Rang, gewähren aber einen schönen Blick in die Natur, falls das Geschehen auf dem Rasen zu sehr langweilt. Leider hat das Collao keine Überdachung, obwohl es am Bío-Bío Fluss ziemlich häufig regnet. Es gibt Pläne, die Schalker Fußballarena zu kopieren. Angeblich existieren Kooperationsverträge mit dem Bundesligisten, doch die finanzielle Situation der Provinzhauptstadt erlaubt einen solchen Bau auch in den nächsten Jahrzehnten nicht. Deportes Concepción wurde gerade wegen fehlender Zahlungen die Lizenz entzogen.
Das Collao ist das größte Stadion der VIII. Region, daher nutzen es Lota Schwager, Huachipato und Ñublense als Ausweichort, vor allem, wenn der Rekordmeister Colo-Colo Gegner ist. Am Sonntag traf die Riege auf Ñublense, dem Überraschungsteam der vergangenen Saison. Etwa 15.000 Zuschauer waren im Stadion, die Mehrheit gehörte dem Anhang des ehemaligen Arbeitgebers von Arturo Vidal. Ñublense ist allerdings einer der populärsten Vereine Chiles und hatte ebenfalls viele Fans mitgebracht. Die eigentliche Heimatstadt der roten Teufel ist Chillán und liegt eine Autostunde von Concepción entfernt. Die 90 Minuten waren abseits des Platzes weitaus interessanter als auf dem Rasen, da tagelange Regenfälle das Spielfeld aufgeweicht hatten. Colo-Colo gewann mit 2:1 und auf den Tribünen gab es ein Unentschieden, lieferten sich beide Seiten doch sich ein stimmungsvolles Gesangduell. Fußballreisende sollten eine Partie von Ñublense mit in ihre Planungen aufnehmen.
Fanartikelverkauf in einer Zufahrtsstraße.
Leere Südkurve im Collao
Intro der Rediablos beim Einlauf von Ñublense.
Sicht auf den Anhang von Colo-Colo.
Bei allen Spielen von Colo-Colo dabei: die Garra Blanca.

Eine ebenfalls leere Kurve im Norden.

Freitag, 25. Juli 2008

96-Merchandising in Chile ... Trikots!


“Kommst du jetzt mit? Wir wollen doch in die Mall“, fordert mich meine Frau am Freitagnachmittag auf. Wollen? Naja, besser gesagt, müssen. Die Einkaufszentren gehören nicht gerade zu meinen favorisierten Orten, aber wir haben wirklich einige Einkäufe für den kommenden Nachwuchs zu erledigen, weshalb ich mich nicht wehre. Mit dem Sammeltaxi fahren wir zur „Plaza Trebol“, einem Shoppingparadies zwischen Talcahuano und Concepción, das all den anderen Konsumtempeln in Chile wie ein Klon gleicht. Am Eingang gibt es eine Art englischen Pub und eine Sportbar, unter dem Dach reihen sich die Markenläden sowie Kaufhäuser aneinander: Almacena Paris, Ripley, Fallabella etc.. Alles ist blitzsauber und steril, ich bevorzuge eigentlich lebendige Innenstädte.
Nur flüchtig werfe ich einen Blick in das Diadora-Geschäft, doch plötzlich beginnt mein Herz zu rasen. Was ich sehe, kann ich kaum fassen: 96-Trikots hängen tatsächlich strahlend neben denen von Huachipato und Union Española. Ich muss da rein! Als miserable Recherche entpuppt sich mein Blogartikel über die fehlenden 96-Jerseys in Chile heraus, doch das ist nun egal. Zielstrebig gehe ich auf die Hemden mit dem Tuifly-Schriftzug zu, während sich die Verkäuferin über meine nicht zu verbergende Euphorie wundert. Meine Frau erklärt ihr, dass es sich um Merchandising meines Lieblingsvereins handele und ich niemals mit dem Verkauf dieser Produkte in Chile gerechnet hätte. „Die führen wir seit zwei Wochen“, meint die Händlerin. Am anderen Ende der Welt verscherbelt Diadora also seine Restbestände und ich greife natürlich zu. Seit zwei Jahren habe ich keine 96-Trikots in einem Laden gesehen. Ein bewegender Moment.
„Wer kauft denn in Talcahuano etwas von Hannover 96?“, frage ich. „Ach, gar nicht so wenige. Den Kunden gefällt das Design“, erwidert die Dame an der Kasse und will wissen, was das für ein Team sei. Ich halte einen Kurzvortrag über die Einzigartigkeit dieser Mannschaft und erzähle ihr, 96 sei bereits zweimal Meister sowie einmal Pokalsieger gewesen. Sie erfährt, dass ich jahrelang eine Dauerkarte besaß und früher sogar im Europacup auswärts mit dabeigewesen war. Die unwichtigen Details spare ich aus. Nachdem ich ihr die nötigsten Daten und Fakten über die Roten erläutert habe, bremst mich meine Frau. Sie befürchtet einen weiteren stundenlangen Monolog und drängt mich zum Weitergehen. Die Verkäuferin bedankt sich jedoch für diesen lehrreichen Moment, weil sie jetzt die Klienten besser beraten könne. Natürlich verspricht sie, sich ab sofort für 96 zu interessieren. Ich glaube ihr und verlasse ein Trikot reicher das Geschäft.

Donnerstag, 24. Juli 2008

Die Geliebte


Die Leidenschaft für einen Fußballverein ist bei vielen Menschen eine lebenslängliche Verbindung. Während sich Partner, Freundschaften, Wohnorte und diverse andere wichtige Punkte gelegentlich ändern, bleibt der Lieblingsklub stets derselbe. „Einmal Roter, immer Roter“ ist ein typisches Fanmotto, etwas abgenutzt, trotzdem mit viel Wahrheit verbunden. Seinen Verein wechselt man dem Kindesalter entwachsen nicht mehr. Manchmal verhindert der Alltag, dass 96 einziger Lebensmittelpunkt bleibt. Andere Dinge wie Familie, Arbeit oder sogar neue Hobbys nehmen plötzlich samstags 15:30 Uhr ihren Platz ein. Ist es allerdings möglich, dass ein Fanherz nebenbei für einen anderen Verein schlägt? Kann die Sympathie für ein Team wie eine Geliebte parallel zur Hauptbeziehung Hannover 96 existieren?

Bei mir verhindert der Umzug nach Santiago de Chile Besuche bei Hannover 96. Internet und Sportkanäle im TV sei Dank kann ich den Lauf der Roten aus der Ferne verfolgen. Fernsehfußball allein macht einen langjährigen Stadiongänger nicht glücklich und so habe ich mir anfangs in Santiago alle möglichen Partien angeguckt, wobei mir die Vereine egal waren. Was hatte ich schon mit Colo-Colo, Union Espanola, Universidad Católica (UC) sowie den ganzen anderen Teams zu tun? Mich faszinierte die Stimmung auf den Rängen und bei schönen Spielen gab es für jede Mannschaft Beifall. Matías Fernandez zauberte bei Colo-Colo, Catolíca wurde Meister und erreichte das Semifinale der Copa Sudamericana, aber nur einen Steinwurf von meiner Haustür entfernt begann eine ausgerechnet blaue Equipe mein Interesse zu wecken: La Universidad de Chile (La U).

Die „Chunchos“ (Kauze), wie sie in Chile wegen der Eule im Wappen genannt werden, sind eigentlich tragische Verlierer. Während meiner Zeit in Santiago waren sie zweimal ganz nah am Titel dran und scheiterten jeweils im Elfmeterschießen. Für einen internationalen Wettbewerb qualifizierten sie sich nicht, weil die entscheidenen Punkte in der Liga verschenkten und der Verein stand kurz vor dem Bankrott. Inzwischen ist der Klub eine Aktiengesellschaft, was zwar das Konto ein bisschen gefüllt hat, aber auf dem Platz nicht zu sehen ist. Die Fans kommen für chilenische Verhältnisse treu in Scharen und leiden wie gewohnt mit. Mehr als der Erzrivale Colo-Colo ist La U das Team der Santiaguinos. Während der Rekordmeister im ganzen Land seine Anhänger hat, sind die Blauen vor allem in der Hauptstadt beliebt.

Dass La U mehr und mehr mein Verein wurde, entwickelte sich langsam. In dem viel zu großem Estadio Nacional fühlte ich mich an das alte Niedersachsenstadion erinnert. Eine Kurve war meist menschenleer, die andere gut gefüllt. Die „Los de Abajo“ aus Block 16 sangen untentwegt, weshalb sich die Melodien leicht in meinem Gehör festsaßen. Die Texte lernte ich schnell. In Diskussionen über chilenischen Fußball ergriff ich zunehmend Partei für La U, weshalb die Bekannten meine bis dahin unterdrückte Zuneigung zuerst entdeckten: "Du bist ja ein Chuncho." Eines Tages begann ich in der Kurve mitzuklatschen und bei Toren wie „früher“ in Hannover zu jubeln. Niederlagen waren mir plötzlich nicht mehr egal und mein Terminkalender wurde nach den Blauen ausgerichtet. Ein Freund schenkte mir ein Trikot, ein anderer einen Schal und für die Nachbarn war ich nicht mehr nur der Aleman, sondern auch der Chuncho: ich hatte mein Team gefunden.

Inzwischen wohne ich nicht mehr in Santiago, doch vor dem Umzug nach Concepción galt mein erster Blick dem Spielplan. Wann kommen die Blauen in meine neue Stadt? Dieses Jahr vielleicht gar nicht mehr und so muss ich hoffen, dass sie in den Playoffs auf ein Team aus der Region treffen. Fahrten zu den Heimspielen sind aufgrund der Arbeitszeiten und privater Verpflichtungen schwierig. Anders als bei 96 kann ich jedoch die Spiele immer noch seelenruhig verpassen, es reicht in Blick in die Zeitung. Auf Stadionbesuche muss ich am Bio-Bio Fluss natürlich nicht verzichten. Es gibt sechs Vereine in der Primera A und B, die in der Nähe kicken. Einer ist allerdings blaugelb. Da ist ein Flirt ausgeschlossen.

Mittwoch, 23. Juli 2008

Chile für 96 (oder doch nicht?)


Unermüdlich versuche ich mich meinem Umfeld beizubringen, was für ein sensationeller Fußballklub Hannover 96 ist. Ich trage so oft es geht Trikots und T-Shirts der Roten, selbst die Krawatte bei der Arbeit ziert das Vereinswappen. Inzwischen verfolgen die Freunde die Bundesliga und tragen sich bei Facebook als 96-Fans ein. Hannovers Bundesligist wird langsam ein Begriff in Chile, doch der Graffitikünstler in der Avenida Matta in Santiago hatte etwas missverstanden. Eigentlich müsste es doch "Viva el 96" heißen, aber vielleicht war das Sprühwerk kein Ausbruch überschwenglicher Fußballbegeisterung.

Chile für 96 (Folge 3)


Gesehen in Recoleta, Santiago:
Das ist nur eine optische Täuschung. Blau und Gelb vermischt ergeben ein stilvolles Grün. Schwarz und Weiß muss sich der verwirrte Geist dazudenken.

Montag, 21. Juli 2008

Eintrittskarten (2) - Clásico in Talcahuano

Galeria steht auf dem Papier. In den meisten Stadien gewährt diese Kategorie Einlass zur Stehkurve, bei dem Lokalderby zwischen Huachipato und Universidad de Concepción war es ein Tribünenticket. Offizielle Ränge gibt oder besser gab es hinter den Toren des Estadio Las Higueras nicht. Es war die letzte Partie im traditionsreichen Stadion, das nun einem Neubau weichen wird.
Für ein historisches Dokument ist die Karte ein wenig blass. Der schwarze Balken am oberen Rand könnte als Trauerflor interpretiert werden, die Sterne im Hintergrund wurden dem Vereinswappen entnommen. Selbiges prangt rechts oben in voller Pracht. Es erinnert an das Logo der Pittsburgh Steelers, einem amerikanischem Footballteam. Eine gewollte Ähnlichkeit, denn Huachipato ist die Mannschaft des örtlichen Stahlwerks.
Anders als die Billets der Vorverkaufsagenturen ist dieses persönlicher. Alle nötigen Informationen wie Gegner, Meisterschaft und Eintrittspreis werden gegeben, auch eine Ankündigung für den neuen Fußballtempel, das Estadio Cap, befindet sich rechts unten, jedoch kein Hinweis auf das Adios der Heimstätte der Blauschwarzen Talcahuano. Auf den Nachfolger dürfen Fußballfreunde gespannt sein, alle Ränge werden überdacht sein und es wird 12.000 Personen Platz bieten.
Der Clásico war am Samstag schwach besucht. Etwa 7.000 Zuschauer sagten dem „Las Higueras“ Adios und sahen ein farbloses 1:1. Die Stimmung war durchwachsen, weil auch La U de Conce nur über einen sehr kleinen Anhang verfügt. Etwa 200-300 Hinchas von Huachipato sparten sich das Geld, indem sie vom angrenzenden Hügel das Spiel verfolgten. Dort oben auf dem Berg ging es jedoch zu wie in einer Fankurve. „Los del Cerro“ nannten sie sich laut Klubfahne und weil keiner die Taschen kontrollierte, gab es auch viel Feuerwerk. Für Chile ungewöhnlich war dagegen das friedliche Nebeneinander in den Blöcken. Lediglich der Schiedsrichter bekam nach dem Abpfiff wegen fragwürdiger Entscheidungen den Unmut der Hausherren zu spüren.
Los del Cerro machen in der inoffiziellen Fankurve Stimmung.
" Pocos pero locos" - wenige aber verrückte: Die Barras Bravas von Huachipato.
Wer mag schon blau-gelb? Die Hinchas der U. de Conce kamen zusammen im selben Stadtbus.

Sonntag, 20. Juli 2008

Eine weitere Saisonvorschau


“Ja, ja! Ich komme schon” Pedro ging vom Klingeln genervt zur Tür. Er hatte sich zuvor für eine ausgiebige Siesta hingelegt und konnte Störenfriede nicht gebrauchen. Er wollte lieber schlafen anstatt irgendwelche Vertreter abzuwimmeln. Beim Öffnen änderte sich seine schlechte Laune schlagartig, da ihn weder ein Postboten noch ein Elektriker, sondern Marcella erwartete.

„Das ist eine schöne Überraschung. Komm doch rein“, freute sich Pedro. Die Frau vor dem Hauseingang erklärte, sie wäre gerade in der Nähe gewesen. Das war ein bisschen geschwindelt, denn die Besucherin hatte zuvor seine Adresse herausgefunden, weshalb sie ihren Sonntagsspaziergang gezielt in Richtung ihres Freundes legte. Marcella suchte etwas Abwechslung und erinnerte sich an das Treffen am Meer. Mit Pedro, ihrem Nachbarn aus Jugendzeiten, konnte sie sich gut unterhalten. Sie war glücklich, ihn wiederentdeckt zu haben und wollte dem Kontakt wieder neues Leben einhauchen. Früher waren sie fast wie Bruder und Schwester, so nahe standen sie sich, dann hatten sie sich jahrelang nicht mehr gesehen.

Wie in alten alten Tagen konnte Marcella ihre Sorgen nicht verbergen, hatte sie doch nicht ihren besten Moment erwischt, was Pedro schnell bemerkte: „Du stehst irgendwie neben dir, ist was passiert?“ Eigentlich nicht, erklärte Marcella. Sie habe sich mal wieder mit dem Vater ihrer Tochter gestritten. Der Ärger war groß: „Er verweigert nun sei mehreren Monaten jegliche Unterhaltszahlungen für Alicia und kümmere sich überhaupt nicht um sie.“ Dabei war besonders Marcella auf seine Hilfe angewiesen, denn der Job und der Haushalt gaben ihr kaum Platz für ein Privatleben. Geld war sowieso immer zu knapp vorhanden. „Finanzielle Probleme sind alltäglich“, stimmte Pedro ein.

„Aber dir scheint es doch recht gut zu gehen“ meinte sein Gast ein bisschen frech, nachdem Marcella sich in der Wohnung etwas umgesehen hatte. „Ja, mittlerweile schon“ gab der Hausherr mit gewissem Stolz zu. Sein Apartment war für die Bleibe eines chilenischen Junggesellens äußerst geschmackvoll eingerichtet. Antike und moderne Möbel passten perfekt zueinander. Sie war außerdem selbst beim Überraschungsbesuch aufgeräumt. Marcella fiel sofort die Sammlung diverser Fußballsouvenirs aus aller Welt auf: eine Stehlampe von den Santiago Wanderers, ein Benfica Lissabon-Wimpel, ein Bierglas mit dem Dynamo Houston Emblem, sowie zahlreicher anderer Kleinkram, vieles in schwarz, weiß und grün. „Und? Ist da auch auch was von Hannover 96 dabei?“, wollte sie wissen. „Sicher“, Pedro zeigte sofort auf die Feldschlösschendose mit den eingravierten Unterschriften, ein Andenken aus den 80er Jahren. „Schade, dass die schon leer ist. Alkohol würde mich heute aufmuntern.“ An berauschenden Getränken fehlte es allerdings nicht. Pedro hatte eine kleine Hausbar und bot ihr einen Pisco Sour an.

Er verschwand in der Küche und kam mit zwei Gläsern wieder. In den landestypischen Cocktail malte er mit etwas Sirup eine 96 in den Schaum. „Hey, das sieht richtig gut aus“ zeigte sich Marcella begeistert, als sie das Glas entgegen nahm. „Bei dir ist es sehr gemütlich. Hier werde ich häufiger vorbeischauen.“ Pedro gefiel diese Ankündigung, hatte er bereits beim letzten Treffen auf ein schnelles Wiedersehen gehofft: „Wir wollten doch die Spiele zusammen angucken.“ „Na, das werden wir auch und dabei viele Siege feiern“, wurde ihm daraufhin charmant lächelnd versprochen.

Die erste Vorschau unter:

Donnerstag, 17. Juli 2008

96-Merchandising in Chile (Folge 2)


Licores 96? Das Zeug muss ja schmecken”, dachte ich mir, als ich die bauchige Flasche mit dem einzigartigem Namen im Spirituosenhandel entdeckte. Natürlich griff ich sofort zu, denn die Zahl war die beste Werbung für ein Produkt und ein Kirschlikör passte hervorragend in meine unsortierte Hausbar.
Da steht er nun auch seit einer Weile und neigt sich langsam dem Ende zu. Euphorisch runtergestürzt habe ich das Schnäpschen nur beim ersten Mal, das Produkt des Weinproduzenten „Concha y Toro“ ist einfach zu süß. Der Kirschgeschmack wirkt ein wenig künstlich, obwohl laut Artikelbeschreibung nur die besten Früchte der Region bei Curicó verwendet wurden. Das traditionelle Herstellungsverfahren sorgte auch bei meiner Flasche für das sanfte Aroma, 25 Prozent Alkohol sind in der Tat recht mild für eine chilenische Spirituose. Das Nationalgetränk Pisco fängt bei 35 Grad erst an.
Verlockender als der Inhalt ist eigentlich das Etikett, das eine geschwungene 96 in einem Oval ziert. Ähnlichkeiten mit dem Vereinswappen des Bundesligisten dürften vom Grafikdesigner gewollt sein. Das Logo wirkt wie die VIP-Variante der hannoverschen 96, edel kommen die rotbraunen Ziffern auf dem cremefarbenen Hintergrund daher. Weinimporteure sollten bei Concha y Toro nachfragen, ob der Likör demnächst auf der Osttribüne des Niedersachsenstadions die Stimmung anheben könne.
Einen Einfluss auf den Spielverlauf habe ich bei meiner Recherche nicht ausgemacht. Die Ergebnisse der Roten waren nach Genuss absolut unterschiedlich. Sieg, Niederlage und Remis: alles war in der letzten Saison dabei. Am besten schmeckt ein Gläschen nach dem Essen und ein Blickfang ist die Flasche auf einer rauschenden 96-Party sowieso. Solche Feste sind in Chile allerdings eher selten.

Mittwoch, 16. Juli 2008

Clásicos in Chile


Lateinamerikanischer Fußball wird allgemein als trickreich und leidenschaftlich beschrieben. Die Stars in den europäischen Topteams vermitteln dieses Bild, die Realität ist leider etwas grauer. Miese Kicks sind unvermeidbar und die Stimmung in den Stadien ist ebenso kein permanentes Feuerwerk, dennoch müssen auch im Süden der Welt die TV-Kanäle die Wahre Fußball möglichst spektakulär verkaufen. Die Fernsehkommentatoren haben daher eine besondere Beziehung zur Übertreibung entwickelt. Möglichst jede Begegnung wird zum Clásico hochgejubelt, die Aufeinandertreffen der beliebstesten Mannschaften des jeweiligen Landes sind sogar Superclásicos.
Wer will, kann rund um die Uhr Reportagen über das Thema, Shows mit Profikickern und natürlich diverse Partien sehen. Latino-Pendants zum DSF-Doppelpass gibt es täglich zu bewundern und der Zuschauer fragt sich, woher die ganzen Themen stammen. Bevor in Argentinien die Boca Juniors gegen River Plate auflaufen, zeigen Fox Sports und die Konkurrenz zwei Wochen lang als Vorgeschmack alle Tore, Fouls, Freistöße, Auswechslungen, Einwürfe, Abstöße und Ecken der vergangenen 1896 Spiele. Bei der Überflutung der Bilder geht schnell der Überblick verloren, wann überhaupt die aktuellen 90 Minuten übertragen werden, zumal nach dem Abpfiff die Analysen und Vergleiche mit den vorherigen Superclásicos beginnen.
Auch Chile hat seinen Superclásico zwischen dem Rekordmeister Colo-Colo und La Universidad de Chile. Auch im Vorfeld dieses Spektakels überschlagen sich die Medien mit Meldungen über jede noch so kleine Unwichtigkeit der beiden Mannschaften. Der Vergleich der beiden populärsten Vereine des Landes ist der einzige wirklich große Zuschauermagnet in der kränkelnden Liga, ausverkauftes Haus und Millionen vor den Bildschirmen sind garantiert. Am 18. Oktober steht der nächste Vergleich an.
Doch die Liga besteht nicht nur aus den beiden Dauerrivalen, sondern auch aus ziemlich grauen Mäusen wie O’Higgins, Audax Italiano, Coquimbo, Puerto Montt. Der Zuspruch ist gering, dennoch muss das Fernsehen das Interesse wecken. Paarungen von Audax Italiano gegen Palestino oder Union Española werden dann kurzerhand zu Clásicos der Kolonien ernannt. Im Stadion verlaufen sich dann trotzdem nur 2000-3000 Zuschauer. Die Teams der Kupferminenarbeiter von Cobresal und Cobrela treffen im Clásico del Cobre del Norte aufeinander, dem Rest des Landes ist es ziemlich egal.
Vielmehr als das einheimische Gekicke zeigen die TV-Sender Fußball aus Europa, wobei keineswegs nur die Topduelle von Real Madrid, Barcelona, Chelsea oder Bayern München gezeigt werden. Manchmal flimmert 96 ohne die Münchner über den Bildschirm und muss den potenziellen Zuschauern schmackhaft gemacht werden. Das Heimspiel gegen Wolfsburg wird deshalb zum Clásico de la Region Baja-Saxonia ernannt. Es sei den Reportern verziehen den Erzrivalen der Roten nicht zu kennen.
Am Samstagnachmittag findet im Stadion „Las Higueras“ ein „Clásico Penquista“ statt: Huachipato aus Talcahuano trifft auf Universidad de Concepción. Es ist ein Nachbarschafftsduell, doch Huachipatos wahre Spezies dürfen derzeit weder kicken, weil Deportes Concepción die Lizenz entzogen wurde, oder sind wie Fernandez Vial in der zweiten Liga. Der Universitätsverein ist daher nur ein etwas attraktiverer Gegner und 7.000 Zuschauer werden erwartet.

Montag, 14. Juli 2008

Chile für 96 (#2)





Eine wunderschöne blaugelbe Hausnummer 96 in der Hafenstadt Valparaiso. Das Haus steht in der Straße Yerbas Buenas, was unter anderem ein Synonym für gutes Marihuana ist.









Donnerstag, 10. Juli 2008

Wetteinsätze


„Hannover 96, das wird mein Team in dieser Saison“, stellt Gonzalo euphorisch fest, obwohl er den Verein eigentlich gar nicht kennt, er hat nur Gefallen am Namen gefunden. „Noventayseis, noventayseis", wiederholt er ohne Pause, bis sein Umfeld genervt reagiert. "Hast du eine neue Bessenheit?", fragt seine Frau. "Nein, so heißt ein Bundesligaklub in Deutschland", erklärt er stolz, dabei ist Gonzalo kein Fußballfan im ursprünglichen Sinne, sondern ein semiprofessioneller Zocker ist. Neben seinem Autoverleih in San Antonio verdient sich der 48-Jährige ein Zubrot mit Sportwetten, deren Gewinne mal größer und mal kleiner ausfallen. In der Regel bleiben jedoch die Einsätze bei den Anbietern, wovon Gonzalo natürlich ungern spricht, denn Verluste verschweigt er lieber.

Mit seiner aktuellen Strategie hatte er in den vergangenen Spielzeiten überdurchschnittlichen Erfolg. Seine Wettpaten waren eine Saison lang Klubs mit interessanten Namen, wie zum Beispiel Dnepr Dneprtrowsk, Huachipato, Extremadura oder auch Gimnasia e Esgrima Jujuy. Bei solchen Mannschaften entscheidet er seitdem alle seine Tipps: Ergebniswetten, Tordifferenzen, Auswechselungen, die Anzahl der Eckstöße und Zeitpunkte der ersten Treffer. Gonzalo setzt auf alles Geld, auf das man bei internationalen Buchmachern wetten kann. Dieses Jahr soll eben 96 sein Glücksbringer werden.

„96 – das ist fantastisch“ ist er sich gewiss, ist er doch außerdem überzeugt, die Deutschen wissen bei dieser Zahl sofort, was dahinter stehe. Große Erklärungen seien nicht notwendig, was ganz genau wie bei „La Universidad de Chile“ sei. Da sprechen die Chilenen auch nur von „La U“ und jeder kapiere sofort, dass es sich um die Blauen aus Santiago handelt. An zahlreichen Mauern im ganzen Land ist das U zu lesen. Dieses U ist nicht nur einfach ein Buchstabe, sondern eine Grundeinstellung. Die Sympathisanten des Vereins schreiben es immer groß, die Anhänger des Erzrivalen Colo-Colo verzichten dagegen in ihrem Alphabet auf das U und ersetzen es mit einem X. „So ähnlich wird das bei 96 sein“, glaubt Gonzalo. „96 – das ist eine Passion.“

Im Internet recherchiert er tagtäglich über den Bundesligisten und steigert sich geradezu hinein, schließlich muss er wie ein Fan denken, um auch auf Absurde und kuriose Momente zu setzen. Nur wer mit seiner Riege leide, könne ans Unmögliche glauben, ist sein Credo. So summt er ständig diverse 96-Lieder vor sich hin, die von den Computerprogrammen haarsträubend ins Spanische übersetzt werden. Gut, „96 – alte Liebe“ ist einfach, aber was soll bitteschön „Schwarz-weiß-grün hängt vom Balkon“ bedeuten? Der Wettkönig findet heraus, dass sein neuer Lieblingsklub als Zweitligist Pokalsieger war und dieser Text damit etwas zu tun hat. Überhaupt ist er von den Farben begeistert, denn die Fahnen haben mit den Trikots der Mannschaft wenig gemeinsam. „Es sind die Roten und es hängt schwarz-weiß-grün vom Balkon, wenn 96 gefeiert wird“, überlegt Gonzalo, ohne den Sinn zu verstehen, trotzdem freundet er sich immer mehr mit den Niedersachsen an.

Der neue Terminkalender passt ihm gut, nur einmal kickt sein Hannover am Samstag. Begegnungen am Freitag oder Sonntag werden vom Fernsehen live übertragen, samstags bevorzugen die Sportkanäle Bayern München. Gonzalo kann sich daher ein gutes Bild von den Spielern machen und lernen, wo wer welche Schwächen und Stärken besitze. Das erleichtert ihm ein bisschen das Wetten. Die Pokalpartie gegen Halle wird ein Testlauf, weil der Neufan kaum Überraschungen erwartet: „Ein klares 5:1 für 96, Probleme gibt es nur in der ersten Halbzeit.“ Die Tore zum 3:1, 4:1 und 5:1 fallen zwischen der 68. und 88. Minute. Aus purer Leidenschaft setzt er nebenbei auf die Roten als Pokalsieger, vielleicht begreift er dann endlich auch, warum schwarz-weiß-grün vom Balkon hängt.

Donnerstag, 3. Juli 2008

Saisonvorschau


Einen freien Tag am Meer! Pedro sehnte sich danach, seit Wochen hatte er kaum eine Minute Zeit für sich gefunden. Arbeiten, arbeiten, arbeiten: Seine Zukunftspläne forderten ihn fast pausenlos, dabei hatte er etwas Ruhe dringend nötig. Er fühlte sich ausgebrannt und auch andere menschliche Bedürfnisse kamen viel zu kurz. Seine Freude war daher riesig, als ihn unverhofft eine E-Mail von Marcella erreichte. "Lass uns mal treffen", schrieb sie. Sie habe Pedro im Internet ausfindig gemacht. Früher lebten die beiden Tür an Tür in Santiago, mit Beginns des Studiums hatten sie leider den Kontakt verloren. Jetzt wohnten sie zufällig wieder in derselben Stadt.

Marcella schlug einen Ausflug nach Tomé vor. Ihr hatte das melancholische Fischerdorf bei Concepción schon als Kind gut gefallen, sie liebte es stundenlang am naturbelassenen Strand zu spazieren. Pedro hatte nichts dagegen und sagte sofort zu. Er war gespannt, wie seine ehemalige Nachbarin heute aussehe und ein bisschen Abwechslung tat ihm gut.

Die beiden trafen sich auf der kleinen Plaza de Armas des Ortes und begrüßten sich unsicher. Etwa zehn Jahre hatten sie sich nicht mehr gesehen, die alte Vertrautheit war verflogen. Sie gaben sich einen Kuss auf die Wangen, jedoch keine innige Umarmung. "Gehen wir zum Meer?", fragte Marcella. "Ja, klar", antwortete Pedro und blickte sie an. Seine heimliche Jugendliebe war selbst mit der Zeit sehr attraktiv geblieben. Ihre kräftigen langen schwarzen Haare hatten ihn seit jeher fasziniert und der weiß-grüne Mantel stand ihr gut. Pedro wollte sich ein Kompliment nicht verkneifen: "Gut siehst du aus." Marcella nahm es dankend an.

Sie gingen eine Weile an der Küste entlang und unterhielten sich über ihre Lebensgeschichten. Marcella hatte eine Tochter, war allerdings alleinerziehend. Pedro hatte ebenfalls eine Scheidung hinter sich, seitdem vertiefte er sich nur noch in seinen Job. Beide schienen die Notiz des Singlelebens mit gegenseitigem Interesse aufzunehmen, ersparten sich dennoch die Kommentare. Ein Weile schlenderten sie im Sand, während die seichten Wellen an das Ufer schlugen. "Woran denkst du gerade?", wollte Pedro wissen, als Marcella intensiv eine Möwe dabei beobachtete, wie sie auf einem dunklen Stein saß und aus den Algen etwas herauspickte. Seine Begleiterin lachte: "Das kann ich dir eigentlich gar nicht sagen: an Hannover 96." Für Pedro kam das gar nicht so überraschend, hatte er doch ähnliches im Kopf: "So ein Zufall. An die Roten musste ich auch denken."

Als sei es das selbstverständlichste der Welt gingen sie weiter, bis Marcella fragte, warum er sich ausgerechnet mit diesem Fußballverein aus Deutschland beschäftige. "Ich habe eine Weile in Hannover gewohnt", erklärte Pedro. Seitdem kreise 96 ständig in seinem Kopf herum und jetzt, da langsam die neue Saison beginne, erst recht. "Mir geht es fast genauso", meinte die junge Frau. Sie habe den Aufstieg in die Bundesliga miterlebt und verfolge daher den Werdegang der Mannschaft. "Und wo wird 96 am Ende landen?", verlangte Marcella einen Tipp, doch Pedro wich aus, weil es so unklar wie die Sicht auf den Pazifik sei und zeigte dabei aufs Wasser. Nebelschwaden ließen den Ozean verschwinden, nur ein paar vereinzelte Fischerboote konnten die beiden erkennen.

"Aber die Neuzugänge sagen dir doch zu!", behauptete seine Freundin. "Nun ja", überlegte Pedro laut, "Mit Jan Schlaudraff, Mario Eggimann und Mikael Forsell habe ich mich nie beschäftigt". Gerade der Ex-Bayernstürmer Schlaudraff müsse sich erst beweisen, auf der Münchner Ersatzbank könne er doch einiges verlernt werden. "Ich glaube, sie werden irgendwo zwischen Platz Acht und Zwölf die Saison beenden", meinte Marcella. Beide lachten über diese Standardvoraussage. "Auf den Sportkanälen werden manchmal die Spiele gezeigt" erwähnte Pedro daraufhin. "Dann lass uns 96 doch bei Gelegenheit zusammen gucken", war Marcellas Idee. Ihrem Bekannten gefiel es: "Ach, das wäre nett. Die Partien laufen zur Frühstückszeit" Ihr selbst blieb ein Schmunzeln nicht verborgen: "Nur eine Frage: werde ich beim Anpfiff schon oder immer noch bei dir sein?"




Chile für 96 (Folge 1)


"Hannover für 96" ist ein wunderbares Poster von Markus Eberwein und Jörg Ehlers. Ihre Collage zeigt verschiedene Versionen der Hausnummer 96 in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Selbst in meiner Küche in Concepción hängt dieses Plakat und ich habe mir erlaubt, die Idee zu kopieren. Chile ist auch für 96, es weiß das nur nicht.


Das aktuelle Foto zeigt ein Haus in Penco, VIII. Región.

Mittwoch, 2. Juli 2008

Fernández Vial: Vorverkauf in der Stadtmitte


Concepcións tragische Fußballliebe C.D. Fernández Vial kämpft in der Primera B zurzeit um den Klassenerhalt. Der Traditionsklub hat schon wesentlich bessere Zeiten erlebt, aber permanenter Misserfolg haben auch die Zuneigung der Anhängerschaft etwas abkühlen lassen. Die treuen Seelen des Eisenbahnervereins lassen sich dennoch nicht entmutigen und engagieren sich weiterhin. Vor jedem Heimspiel gibt es einen Vorverkauf in der Fußgängerzone. Die Karten sind 500 Pesos günstiger als im Stadion, der Andrang ist allerdings nicht bedrängend. Vial trifft am Donnerstagabend auf Coquimbo Unido, etwa 1000 Zuschauer werden erwartet. Die Karten kosten 2000 Pesos.

Einfach mal Meister werden: wieder kein 96-Trikot in Chile


Endlich sind die neuen 96-Trikots da. Monatelang wurde das Design des amerikanischen Sportartikelherstellers Under Armour geheim gehalten, aber gestern wurde der Weltöffentlichkeit die Ausrüstung vorgestellt. Nicht schlecht, allerdings auch nicht besonders berauschend sehen die Shirts aus. Es sind keine Sonderanfertigungen, sondern typische Artikel des Textilfabrikanten, weshalb vielleicht in Chile ähnliche Modelle erhältlich sein dürften.


Die Firma ist jedoch am andere Ende der Welt im Gegensatz zum ehemaligen Ausstatter Diadora noch gänzlich unbekannt, weshalb Nachfragen nach Under Armour mit Kopfschütteln beantwortet wurden. Die Diadora Hemden trugen dagegen in der vegangenen Saison diverse Riegen der Primera A und selbst unbedruckte Jerseys in den 96-Farben wurden verkauft. Die Beflockung mussten die Fans extra erstellen lassen, weil es im Gegensatz zu Trikots von Bayern München, Werder Bremen und Bayer Leverkusen keine Shirts von Hannover im Handel gibt. Die Eigeninitiative wäre sogar einige Euros billiger gewesen.

Wesentlich günstiger als die Originale sind natürlich die Fälschungen. Die Kleidermärkte Santiagos und der anderen Städte hängen voll mit Shirts der großen Mannschaften. Einige Produkte sind qualitativ nicht einmal schlechter, andere weisen interessante Fehler auf, so gibt es zum Beispiel den "HSV Bayern Münichen" oder auch "Bussia Dotmund". Während der Europameisterschaft wurden Jacken angeboten, auf denen einfach nur "Deutsch" zu lesen war. Das Pendant mit "Schland" soll in der alten Heimat sehr beliebt sein.

An den Produktpiraterien lässt sich auch das internationale Renomée eines Vereins erkennen. Nur eine Handvoll Bundesligisten sind auf dem Flohmarkt Bio-Bio oder rund um das Einkaufsviertel Estación Central in Santiago vertreten. Hannover 96 fehlt da leider komplett, dabei würde doch ein Hannover 69-Trikot für ein Schmunzeln sorgen. Die Roten können das natürlich ändern: Meister werden und die Champions League gewinnen, beziehungsweise einfach mal einen Chilenen verpflichten, dann fiele der Titeldruck weg, aber das Merchandising liefe besser.