Donnerstag, 19. Juni 2008

Deutschland im Halbfinale

Halbfinalspiele sind für die Deutsche Nationalmannschaft so normal wie Trainingseinheiten. Steht ein großes Turnier an, ist die DFB-Elf in der Regel bis zum Schluss dabei, insofern ist der Sieg gegen Portugal eigentlich keine Überraschung. Vor dem Spiel war die Nervosität trotzdem nicht zu unterdrücken.

7:00 Uhr Se viene el gran partido

Der Wecker klingelt. Noch sieben Stunden und 45 Minuten bis zum Anpfiff. Die Gedanken kreisen schon um das Spiel. Ein Ausscheiden bei einer EM ist immer fürchterlich, weil es eine Unvollendung bleibt. Ich habe zum Glück nicht mein "Das wird heut nix"-Gefühl, sondern gehe den Tag gelassen an.

8:30 Uhr Presseschau mit Bild.de und anderen Expertenmedien

Nach Studien in den einschlägigen Medien bin ich mir sicher, dass wir gewinnen. Michael Ballack sei laut Zeit.de besser als Cristiano Ronaldo, Mario Gomez soll nicht spielen und überhaupt haben wir eine Turniermannschaft. Ich beginne damit, Forenartikel zu verfassen und bekomme den Beruhigungsbierdust. Es ist aber noch zu früh für ein Bier. Das Kribbeln im Bauch steigt und ich verschicke Mails mit dem Inhalt: "Wir sind wieder wer!"

11 Uhr Einkauf

Ich kaufe im Onkel-Pedro-Läden an der Ecke Cola, Bilz und Pap. Diese Auswahl von Limonaden hat sich gegen Österreich bewährt. „Never change a winning team“ heißt es und an die Regel halte ich mich. Bier des Tages wird der chilenische Klassiker Cristal. Es ist gut und billig, zudem Sponsor der chilenischen Nationalelf, die heute abend auch ein wichtiges Spiel hat.

13:30 Uhr Mittagessen

Es gibt oben genannte Zuckerbrausen, aber auch schwarze Bohnen, geschmorte Tomaten und gelben Curryreis. Mit der schwarz-rot-gelben Kombination soll so etwas wie EM-Stimmung in die Wohnung gezaubert werden. Bei mir klappt das problemlos, meine Frau lässt sich davon anstecken. Ihr schmeckt es einfach. Als kleine Detailkorrektur tausche ich noch mein 70er WM-Trikot gegen das 96er EM-Shirt aus, es ist schließlich Europameisterschaft und keine WM. Das falsche Hemd hat schon so manches Mal Unglück gebracht.

14:00 Uhr La previa en espn

Die Moderatoren verneigen sich geradezu vor dem deutschen Team und tippen dennoch auf Portugal. Naja, sie werden schon sehen, wer das Spiel gewinnen wird. Es kann nichts schiefgehen, oder doch? Moment! Der Schal liegt nicht richtig auf dem Fernseher. Er muss noch zurechtgerückt werden .

14:45 Anpfiff

Das Spiel beginnt und ich sehe, dass die DFB-Elf auftrumpft. Entspannt lehne ich mich zurück. Heute wird das kein Zitterspiel, selbst wenn der Kommentator Miguel Simon von espn die ganze Zeit Cristiano Ronaldo lobt. Sein Liebling wird heute ausscheiden, denn da spielt meine Mannschaft: Vorrunde mäßig, aber in den K.O.-Spielen topfit.
Die Toren fallen und die Partie ist interessant. Ich singe Hohn- und Spottlieder, worauf die Portugiesen den Anschlusstreffer erzielen. In den letzten sieben Minuten müssen die Daumen gedrückt werden. Es hilft. Deutschland im Halbfinale. Routine! Ich behaupte doch schon seit Wochen, das „Wir“ die Euro gewinnen, nun wird mir endlich geglaubt. ... es ist den meisten Menschen in meiner Umgebung aber auch egal.

17 Uhr Online Recherche

Bild.de, Spiegel-Online und alle anderen Medien kommen aus dem Jubeln nicht heraus. Genau das möchte ich lesen. Die Euro kann weitergehen und ich hoffe auf ein Halbfinale gegen die Türkei.

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