Dienstag, 30. September 2008

Hannover 96 - Bayern München


Es ist Samstagmittag und der Tag lächelte mir schon seit Stunden in schönster Weise entgegen. Die Sonne scheint, auf der Plaza Peru hat sich wie jedes Wochenende ein Flohmarkt breitgemacht. Von rostigen Knöpfen über verstaubte Schnapsflaschen bis hin zu kuriosen Raritäten wird alles mögliche angeboten. Mittendrin ein Stand mit verblichenen Fußballmagazinen. Mein Blick sortiert sofort die Hefte nach Altpapier und echten Schätzen. „1000 Peso“, nennt der zottelige Verkäufer als Preis. Diese 1000 Peso oder auch eine Luca, wie die Chilenen jene Summe nennen, sind viel zu teuer. Concepción ist ein kostspieliges Pflaster, in Santiago drückt die Konkurrenz den Kurs. Auf dem Hauptflohmarkt Bio-Bio werden nur 500 Peso verlangt. Ich lehne dankend ab.

„Aber du magst doch Fußball?“, fragt mich der Alte und zeigt auf mein 96-Trikot, das ich wie jeden Samstag trage. Ich verneine nicht und wir führen ein ausgiebiges Gespräch über das globale Gekicke. Der Zausel schwärmt für die Premier League und zugleich werden Klagen über die heimische Liga laut, denn der Mann leidet, da sein Lieblingsverein Deportes Concepción derzeit den Spielbetrieb eingestellt hat. Den Futból Aleman schaue er ebenfalls gelegentlich, vor allem Bayern München mit Ribery. Darauf kramt er aus einer Kiste einen Schal des Rekordmeisters hervor und will ihn mir andrehen: „Nur 5 Lucas.“

In meinem Gesicht formt sich ein breites Grinsen. An dem warmen Frühlingstag bräuchte ich wirklich keinen Schal und schon gar nicht von einem Verlierer, erkläre ich dem Mann. „Wie Verlierer? Die sind doch immer Meister“, ist er erstaunt und gibt mir Anlass für eine farbenreiche Glorifizierung der Roten. Der arme Kerl muss fast jede Spielminute nachvollziehen und kommentiert trocken: „Scheint ein toller Verein zu sein, dein Hannover 96.“ Das 1:0 von Szabolcs Huszti werde er sich am Abend in den Nachrichten anschauen, verspricht er. Ich weise ihn darauf hin, dass er sich auch das 5:1 gegen Mönchengladbach im Internet nicht entgehen lasse dürfe. Mein Zuhörer ist tief beeindruckt. Er sei ab sofort 96-Fan, wenngleich ihm 69 besser gefalle. Die Bemerkung ist ein Klassiker und ich lache mit ihm.

„Aber jetzt mal zur Wahrheit, mein Freund“, nimmt er plötzlich das Gespräch in die Hand. So wie ich von meiner Equipe erzähle, sei verdächtig, meint er erfahren. Zuviel Verehrung und zuwenig Kritik stecke darin. „Dein Hannover 96 ist bestimmt nur ein mittelmäßiger Klub, dem ein Zufallstreffer gelungen ist.“ Wenn Deportes die Santiaguinos von Colo-Colo schlage, rede er ähnlich.

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