Freitag, 5. September 2008

Chile auf dem Weg zur WM 2010


Ohne Bundesliga und Primera A muss dieses Wochenende verbracht werden, weil die Qualifikationsspiele zum Weltmeisterschaft ihren Platz beanspruchen. Fußballzwerge treffen dabei auf Riesen, wie im Falle Liechtenstein und Deutschland. Ein anderes David gegen Goliath-Duell ist auch Chile gegen Brasilien, wobei die Roten eher internationale Zweitligisten und keine Amateure sind.

Nach der skandalösen Copa America 2007, bei der die Andenkicker mehr durch Sauftouren als durch Torszenen auffielen, waren Reformen in der chilenischen Nationalmannschaft notwendig. Ex-Trainer Nelson Acosta hatte die Kontrolle über seine Spieler vollständig verloren und der Ruf der Nationalelf war komplett ruiniert, dabei verfügt Chile über hervorragende Individualisten. Alexis Sanchez, derzeit in den Diensten von Udinese Calcio, kann ganz alleine die Abwehrreihen ausdribbeln. Humberto Suazo hat im mexikanischen Monterrey seine Torjägerqualitäten erstaunlich verbessert. Auch Leverkusens Arturo Vidal ist im jungen Alter schon eine sichere Stütze in der Defensive. Bedauerlicherweise bleibt das Jahrhunderttalent Matías Fernandez in Villareal hinter den Erwartungen zurück. Bei Colo-Colo wirbelte er mit dem Enfant Terrible Jorge Valdivia über südamerikas Fußballplätze.

Jorge Valdivia steht zugleich symptomatisch für den chilenischen Fußball. Der ewig kaugummikauende „Mago“ verfügt ohne Zweifel über spielentscheidende Fähigkeiten, doch besitzt leider zuwenig Intelligenz außerhalb des Rasens. In der Skandalnacht von Maracaibo, als die Nationalspieler im Hotel betrunken mit Schinken und Marmelade um sich warfen, war er einer der Initiatoren. Valdivia wurde daraufhin vom Fußballverband ANFP gefeuert. In Brasilien blühte er anschließend wieder auf. Nachdem er den brasilianischen Klub Palmeiras zur Meisterschaft führte, jagten ihn die europäischen Vereine. Bayern München soll angeblich an ihm dran gewesen sein, auch Hertha BSC Berlin hatte ernsthafte Absichten, Valdivia war zuvor bereits in Spanien und in der Schweiz gescheitert und nahm ein Angebot aus den Vereinigten Arabischen Emiraten an.

Der ganz große Star der Mannschaft ist allerdings der Trainer. Marcelo Bielsa, einst argentischer Nationalcoach, soll Chile zur WM 2010 führen. Er gilt als Verrückter und Experte. Er hat es tatsächlich geschafft, den Kader zu disziplinieren, wenngleich er manchmal etwas verzweifelt wirkt. Der heimische Ligafußball ist in der Dauerkrise und alle Reformideen stoßen bei der ANFP auf taube Ohren. Bis heute hat es der Verband nicht geschafft, die Termine für eine professionelle Vorbereitung günstig zu legen. Immerhin erhält der Argentinier für chilenische Verhältnisse ein fürstliches Gehalt, weshalb die Eintrittskarten so teuer wie nie zuvor sind. Bielsa kann aber bereits kleinere Erfolge feiern. Die Mannschaft ist Dritter in der Qualifikation und hat in den ersten Spielen weitgehend überzeugt. Das Vertrauen in „La Roja“ ist zurückgekehrt, weshalb das Nationalstadion in Santiago bei allen Punktspielen ausverkauft sein wird.

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