Samstag, 5. März 2011

Wahre Meister


Es wird immer unglaublicher mit den Roten. Da versuche ich irgendwelche Voraussetzungen herauszufinden, wann 96-Siege garantiert sind und Niederlagen einkalkuliert müssen. Die Slomka-Elf widerlegt sie permanent. Inzwischen punktet der Bundesligadritte ohne Ya Konan und seit neuestem sogar ohne Nachbeben vor dem Anpfiff. In dieser Saison gab es nämlich immer eine 96-Niederlage, wenn sich der Untergrund von Concepción eine Ruhepause gönnte. Spürte ich zuvor kleinere oder auch größere Erschütterungen, konnte zumindest mit einem Unentschieden gerechnet werden. Vor dem Auftritt gegen Bayern München bebte es allerdings zwei Tage nicht. In der Bio-Bio Region ist das fast schon eine lange Zeit.

So richtete ich mich beim Fernsehgucken auf eine erwartbare 0:3-Niederlage ein. Bayern begann sogar druckvoll, was aber schnell nachließ. Den Jubelschrei nach Mohammed Abdellaoues Tor zum 1:0 dürfte die Nachbarschaft gehört haben. Von jenem Moment an war das Spiel entschieden, was das 3:1 am Ende auch belegte. Selten habe ich so gutgelaunt entspannt eine Partie gegen die Münchner gesehen. Schlechtgelaunt entspannt gab es natürlich schon häufiger.

Ein Sieg gegen den FC Bayern München ist in dieser Saison dabei nichts besonders, das können andere auch. Der Titelverteidiger steckt in der Krise und macht es seinen Kontrahenten leicht. Doch vor allem die Art, wie gewonnen wurde, stimmt überglücklich. 96 argierte frischer und spritziger auf dem Platz. Es war deutlich zu sehen, wer derzeit reif für die Champions League ist. Stürmten die Roten, lag ein Tor in der Luft, im Gegenzug ließen die Gäste die Kreativität komplett vermissen. Die Tabellenvierten wirkten unbeweglich und ideenlos. Bayern mag zwar die größeren Stars in ihren Reihen haben, doch sie befinden sich auf ungewohntem Terrain. Der Rekordmeister muss ernsthaft einen Kleinen jagen, um Platz Drei zu erreichen. Und da steht 96 zu Recht. Hannover unterstrich durch das Spiel seine jetzt schon legendäre Saison.

Und ich muss mich allmählich tatsächlich mit den Reiseplanungen beschäftigen. Ich gebe zu, dass ich mich mit dem Prozedere, wann der Bundesligadritte in die Champions League-Qualifikationsspiele einsteigt und ob der Verliere in die Europaleague „absteigt“, nicht so richtig auskenne. Bislang gehörte das nicht zum Pflichtwissen eines 96-Fans. Inzwischen ist es auf der Tagesordnung. Meine Lieblingself einmal im Europapokal auswärts zu begleiten, ist ein langjähriger Traum. Gut, 1992 war ich schon mit dabei, damals fand der Kick jedoch in Bremen statt. Zumindest ich muss jetzt ein paar Kilometer weiter reisen.

Eine Saison ohne Zittern


Es ist wahrscheinlich diese ungewohnte Situation von Hannover 96, die dieses Blog so vernachlässigen lässt. Längst wurde der 24. Spieltag beendet und die Roten stehen weiterhin dort, wo sie eigentlich nur in Fanutopien hingehörten: weit oben in der Tabelle. Siege sind zur Selbstverständlichkeit geworden und das Zittern hat nachgelassen. Ganz ohne Abstiegsangst müssen die 96-Anhänger auskommen. Da fehlt doch eigentlich etwas und so wird beinah zu viel von den Fans verlangt. Es war geradezu routiniert gemütlich im grauen Nichts, aber plötzlich sind Mittelmaß und Tabellenkeller Vereinshistorie. Ich muss mir im nächsten Jahr Fox Sports Premium abonnieren, denn meine Lieblingself läuft auch mittwochs auf.

Die Niederlagen gegen Schalke und Leverkusen zum Rückrundenbeginn wirkten daher fast beruhigend. Dieser Champions League – Traum schien beendet zu sein und Gedanken für einen kurzfristigen Reisekredit wurden beiseite gelegt. Doch 96 rutschte nicht ab, sondern blieb unter den ersten Fünf. Platzierungen von Bedeutung, zeigen doch espn und Fox Sports im Schnellüberblick immer nur jene Topteams aus der Bundesliga. Siehe da, meine Roten waren trotz zweier Niederlagen in Folge dabei. Wahre Größe?

Hannover rappelte sich wieder auf und schickte Wolfsburg mit 1:0 nach Hause. Gut, es hatte etwas von Normalität. Das Spiel gegen Werder Bremen dagegen sollte den wahren Zustand von 96 aufdecken. Es wurde erneut im TV übertragen und ich rechnete mit der tradionellen 1:5-Klatsche, aber die Slomka-Elf hielt sich nicht an die Regel und entführte einen Punkt. Als dann noch die Spiele, die man gewinnen muss, gewonnen wurden, war der endgültige Beweis da, dass die Roten in dieser Saison tatsächlich zu Deutschlands Besten gehören. Wenn heute 96 gegen Bayern kickt, kündigt auch der Bundesligasender golTV Hannovers Riege als Favoriten an. Ich nehme das mit Genuss zur Kenntnis und plane eine längere Europareise.